: Schulte-Hillens Protz-Bilanz
■ Gruner + Jahr glänzt mit dem besten Ergebnis aller Zeiten: Mehr Überschuß, mehr Zeitschriften, weniger Mitarbeiter
Gerd Schulte-Hillen, Vorstandsvorsitzender, pflügt sich durch seine Erfolgsbilanz 93/94: „Auf dem ersten Chart sehen Sie ...“: Umsatzsteigerung auf 3,8 Milliarden Mark. Jahresüberschuß vor Steuern 543 Millionen Mark. Satte 20,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Und das bei „unvorteilhaften Marktbedingungen“. Ein „gutes“ Ergebnis. „Im Vergleich zu unseren Wettbewerbern ist es sogar ausgezeichnet.“ Das beste in der Geschichte des Hamburger Verlagshauses Gruner + Jahr. Will da einer meckern?
„Auf Chart fünf sehen Sie ...“: die Personal- und Personalkostenentwicklung. 285 Arbeitsplätze hat Schulte-Hillen im vergangenen Jahr abgebaut. 11.759 Beschäftigte sind übriggeblieben. Im nächsten Jahr werden es wieder weniger sein. Allein in der verlagseigenen Druckerei in Itzehoe sollen bis 1998 500 bis 800 Stellen gestrichen werden. „Wenn ich Ihnen ein gutes Ergebnis melden kann, dann deshalb, weil wir im Inland kräftig rationalisiert haben.“ Aber darum geht es natürlich nur am Rande einer Bilanzpressekonferenz. Hier wird geklotzt, nicht gekleckert: positive Selbstdarstellung, „konsequentes Kostenmanagement“, „erfolgreiche Profitcenter“, bis die im Verlags-Auditorium versammelte Journalistenschar aus den Sitzen kippt.
„Ich möchte Sie ein wenig strapazieren.“ Auch das gelingt dem Manager. „Und nun zu Tango“: Klar, Schulte-Hillen ist überzeugt, daß die „Info-Illustrierte“ sein nächster „großer Erfolg“ wird. 800.000mal soll das Blatt am 29. September verteilt werden. Die 70 Anzeigenseiten sind bereits ausverkauft. Zum Dumping-Preis von 20.000 Mark für eine Vierfarbseite. Schließlich soll – heftiger Einnahmeverluste beim Stern zum Trotz – „die Marktführerschaft im Anzeigenmarkt der Publikumszeitschriften“ gehalten, ausgebaut werden.
Tango allein genügt da nicht: Nummer eins soll folgen, eine Programmzeitschrift „im oberen Qualitätsbereich“, die ebenfalls noch in diesem Jahr erscheinen soll. Neuland für Gruner + Jahr.
Aber sollte man zurückschrecken vor diesem „Haifischbecken“, in dem sich die TV-Postillen gegenseitig fressen? Natürlich nicht. Schließlich hat's ja auch bei den Zeitungen geklappt. Sächsische Zeitung, Morgenpost-Gruppe, Berliner Zeitung, Berliner Kurier: Ein Unternehmensbereich, der „in seinem dritten vollständigen Geschäftsjahr ein deutlich positives Betriebsergebnis ausweist“. Und das Auslandsgeschäft erst: USA, England, Ungarn, Frankreich, Polen – „trotz der weltweiten wirtschaftlichen Rezession konnten Umsatz und Betriebsergebnis erneut gesteigert werden.“
Applaus, Applaus, Applaus, selbst für das notorische Non-profit-center Wochenpost: „Die meinungsbildende Qualitätswochenzeitung“, jubelt Schulte-Hillen, habe im vergangenen Jahr „eine insgesamt eher erfreuliche Entwicklung genommen.“ 100.000 Exemplare verkaufte Auflage hat er gezählt und eine um 11 Prozent gesteigerte Leserreichweite. Noch eine positive Bilanz. Wenn sie stimmt. Uli Exner
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