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Umsonst und drinnen

■ Neues vom Berliner Ensemble: Kürzungsskandal? Zensur? Nein, eigentlich haben sie sich mit ihrer allerletzten Meldung nur ein bißchen wichtig gemacht

Am Mittwoch traf sie ein, die neueste Pressemeldung vom Berliner Ensemble: Das geplante Gastspiel von Eugène Ionescos „Die kahle Sängerin“ könne wegen Geldmangels in der Justizvollzugsanstalt für Frauen (JVAF) nicht stattfinden. Das entsprechende Schreiben der JVAF wurde gleich beigefaxt. Wir waren beunruhigt, gar alarmiert. Wieder einmal sollen also durch den Sparhaushalt des Senats Kulturveranstaltungen ins Wasser fallen. Wenn hier nicht überhaupt noch Schlimmeres vorgeht, ein Fall von Zensur etwa ...

Nein, doch nicht: Das Gastspiel sei durchaus erwünscht, sagt Herr Höflich von der JVAF. Aber es sei nun einmal nicht möglich, „wenn nicht noch etwas Überraschendes passiert“. Denn der Kultur-Honorartopf sei schon seit Jahresanfang verplant und mittlerweile ausgeschöpft. Spontane Angebote – wie jetzt das Gastspiel des Berliner Ensemble – können eben einfach nicht mehr bezahlt werden. „Und ganz billig sind die ja auch nicht. Ehrenamtliches Engagement mit den Gefangenen“, so bedauerte Herr Höflich (und wir mit ihm), „ist völlig raus aus dem Strafvollzug. Aber das kreide ich, um Gottes Willen, niemandem an.“ Wir hatten natürlich auch schon daran gedacht, daß das BE ja ein Gratis- Gastspiel geben könnte. Denn wer zu Sparzeiten die vakante fünfte Direktorinnenstelle besetzen will, kann finanziell ja schließlich nicht so schlecht dastehen ...

Keine akuten Spardiktate außer der Reihe und keine Zensur – was also will uns Herr Weckherlin, der Gastspielleiter vom BE, mit seinen Faxen bedeuten? Vor allem seinen Erfolg: In der vergangenen Saison, als das Berliner Ensemble erstmalig mit Peter Zadeks Inszenierung von Brechts „Der Jasager und der Neinsager“ mit großem Erfolg in allen Gefängnissen Berlins gastierte, hätten sich alle Beteiligten auf das Folgende gefreut. Nach jeder Aufführung sei es zu spannenden Diskussionen mit den Häftlingen und Gefängnisleitern gekommen: „Da saßen Mörderinnen neben Eierdiebinnen. Auf der Bühne wurde ihnen nichts vorgemacht. Die stellten Fragen, wenn sie etwas nicht verstanden, und sie wollten, daß wir wiederkommen.“

Na, und? Was kostet's? „Die Kosten sind lächerlich gering“, sagt Weckherlin. Jeder Schauspieler kostet für diesen Zweck 41 Mark pro Stunde. Bei drei Stunden Spieldauer und sechs Schauspielern wie in Ionescos Stück kostet der ganze Abend also keine 800 Mark. Es sei „lächerlich, daß solche Popelbeträge vom Justizsenat nicht bezahlt werden können“, schimpft Weckherlin erst, lenkt aber doch noch ein: „Dann spielen wir halt kostenlos!“ Also alles in Butter.

Alles? BE-Geschäftsführer Peter Sauerbaum, der, wenn er bald wieder fünf direktorale Gagen zu bezahlen hat, jetzt natürlich wieder rechnen muß, will offenbar abwarten, ob der Presse-Köder nicht vielleicht doch noch fette 800 Senatsmark einbringen könnte, und formuliert zögerlich: „Wenn es wirklich an den paar Mark scheitern sollte, und die uns wirklich haben wollen, dann spielen wir auch umsonst.“ Wie schön: Nun werden doch noch alle glücklich. Das Gastspiel „Die kahle Sängerin“ kann vielleicht noch Ende des Jahres stattfinden, das Berliner Ensemble hat den Sprung in die Presse geschafft, und wir haben erfolgreich einen Nachmittag herumgebracht. jette

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