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Erster Haftbefehl gegen S-Bahn-Täter

Für den brutalen Mordanschlag auf einen 25jährigen Ghanaer gibt es einen „nicht greifbaren“ Tatverdächtigen / Noch immer hat sich keiner der 15 Tatzeugen gemeldet  ■ Aus Berlin Jeannette Goddar

Im Falle des brutalen Überfalls auf den 25jährigen Ghanaer Martin Agyare in der S-Bahn von Berlin nach Oranienburg verfolgt die Staatsanwaltschaft Neuruppin offenbar eine heiße Spur: Am Montag abend erließ das Amtsgericht Oranienburg einen Haftbefehl gegen einen „derzeit nicht greifbaren“ Tatverdächtigen. Über seine Identität wurden bisher keine Angaben gemacht. Auch daß er, wie eine Zeitung berichtete, der „rechten Szene“ zuzuordnen sei, wurde vom leitenden Staatsanwalt Erardo Rautenberg, nicht bestätigt. Allerdings ist bekannt, daß sechzig Berliner und Oranienburger Beamte das Wochenende damit verbrachten, bekannte Rechtsextreme in Berlin und Oranienburg zu überprüfen.

Der schwerverletzte Asylsuchende, der in der Nacht zum 17. September Opfer eines Mordanschlags geworden war, ist weiterhin auf ärztliche Behandlung im Krankenhaus angewiesen. In der S-Bahn Linie 10 waren kurz vor Mitternacht zwei Skinheads mit Springmessern auf ihn losgegangen und hatten ihn kurz vor dem S- Bahnhof Hohen Neuendorf aus dem fahrenden Zug geworfen. Erst am kommenden Morgen war der zwischen den Gleisen liegende Bewußtlose von Bahnarbeitern gefunden worden. Als er Tage später erwachte, fehlten ihm der linke Unterschenkel und zwei Zehen, die amputiert werden mußten. Außerdem hatte er einem Schädelbruch erlitten.

Noch immer sucht die Staatsanwaltschaft die 15 Zeugen, die nach Angaben des Asylsuchenden im selben S-Bahn-Wagen gesessen und die Tat verfolgt haben sollen, ohne daß einer von ihnen die Polizei benachrichtigt hätte. Keiner der sechs Hinweisgeber, die sich bisher gemeldet hätten, sei Tatzeuge gewesen, betonte Rautenberg. Dennoch spricht, anders als bereits am Montag die märkische Lokalpresse mutmaßte, bisher nichts gegen die Version des 25jährigen. Statt dessen scheinen die ersten Ermittlungsergebnisse seine Version zu bekräftigen: So ergab die Überprüfung des Zuges, daß an dem Wagen, in dem der Asylsuchende gesessen hat, sämtliche Scheiben zerschlagen waren, als er an der Endhaltestelle einfuhr. Die kriminaltechnische Untersuchung des Wagens lieferte aber keine weiteren Hinweise, weil er bereits gereinigt worden war.

Die Deutsche Bahn AG hat aus dem Mordanschlag bisher keine Konsequenzen gezogen. Dabei stellen Berliner S-Bahnen eine offensichtliche Falle dar: Anders als in westdeutschen Bundesländern lassen sich in und um Berlin bei drei von vier S-Bahn-Wagen die Türen während der Fahrt öffnen. Noch im Juli war ein siebzehnjähriger Bosnier von Skinheads aus einer fahrenden S-Bahn geworfen worden.

Die Gefahr, erklärte ein Sprecher der Deutschen Bahn AG gegenüber der taz, werde „hochgeschaukelt“. Dennoch werde „bereits seit längerem daran gearbeitet, bei den alten Modellen eine Verriegelung einzubauen“. Begonnen wurde mit diesem Umbau bisher nicht. Dieser sei „sehr kostenaufwendig“. Über weitere Sicherheitsmaßnahmen werde „nachgedacht“.

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