piwik no script img

Wie Außenminister Kinkel einmal regelrecht ausflippte

■ FDP-Chef verhinderte Demonstration

Karlsruhe (AFP) – Außenminister Klaus Kinkel (FDP) soll auf der EU- Asean-Konferenz am vergangenen Freitag in Karlsruhe eine zuvor genehmigte Menschenrechtsdemonstration durch massiven Druck auf das Karlsruher Rathaus verhindert haben. Wie ein hoher Polizeibeamter und ein Referent der Stadt der Nachrichtenagentur AFP sagten, reagierte Kinkel mit einem Wutausbruch, als er wenige Stunden vor Beginn der Veranstaltung von der geplanten Demonstration erfuhr. „Regelrecht ausgeflippt“ sei Kinkel, berichtete ein Augenzeuge des Vorfalls. Wenn kein störungsfreier Ablauf gewährleistet werde, werde er „nie wieder“ mit einer ähnlichen Veranstaltung nach Karlsruhe kommen. Mit einer unmittelbar vor der Veranstaltung erlassenen Anordnung der städtischen Polizeibehörde wurden daraufhin die Transparente verboten, mit denen die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) bei einer Mahnwache auf den Stufen der evangelischen Stadtkirche gegen die Menschenrechtsverletzungen im indonesisch besetzten Ost-Timor demonstrieren wollte. Das Auswärtige Amt in Bonn dementierte die Vorwürfe entschieden. Ein Sprecher erklärte, die Behauptung, Kinkel habe Druck auf die Sicherheitsbehörden ausgeübt, sei „absurd“ und entbehre jeder Grundlage. Als Gastgeber der EU-Asean-Konferenz trage die Bundesregierung die Verantwortung für die inhaltliche Gestaltung und den protokollarischen Ablauf der Konferenz. Die Sicherheitsvorkehrungen lägen ausschließlich in den Händen der Landes- und Kommunalbehörden. Bereits am Tag vor der Konferenz war auf einen Karlsruher Pfarrer politischer Druck ausgeübt worden, um die Mahnwache zu verhindern. Ihm habe die Polizei nahegelegt, „seinen Einfluß geltend zu machen, damit die Mahnwache nicht stattfindet“, da „außenpolitische Verwicklungen zu befürchten“ seien: Vom indonesischen Außenminister Ali Alatas sei bekannt, daß er „ein ähnliches Temperament wie der chinesische Regierungschef Li Peng hat“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen