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Editorial

Taslima Nasrin, in Bangladesch als streitbare Journalistin berühmt, war der westlichen Öffentlichkeit nahezu unbekannt, als man von der fatwa gegen sie erfuhr. Mit Salman Rushdie verhielt es sich seinerzeit umgekehrt: Man kannte und schätzte sein Werk in der westlichen literarischen Öffentlichkeit; im Iran hat man hingegen nie eine Zeile von ihm zu lesen bekommen. Es fiel deshalb nicht schwer, Rushdie sofort als „einen von uns“ wahrzunehmen und zu verteidigen.

Daß viele Schriftstellerinnen und Schriftsteller auch die unbekannte Taslima Nasrin sofort als „eine von uns“ betrachteten und verteidigten, ohne sich von den Stimmen irritieren zu lassen, die die Affäre als „innere Angelegenheit“ Bangladeschs und die Einmischung als westlichen Kulturimperialismus darstellten, war eine ermutigende Erfahrung. Martin Walser, von der taz um einen Brief an Taslima Nasrin gebeten, schrieb statt dessen ungeduldig einen offenen Brief an den deutschen Außenminister Klaus Kinkel. Das Erstaunliche geschah: Der Botschafter Bangladeschs wurde einbestellt, ein offizieller Protest erfolgte.

Der Kore Verlag bringt nun zur Frankfurter Buchmesse den Band „Briefe an Taslima Nasrin“ heraus, in dem alle bereits in der taz und vielen anderen europäischen Zeitungen veröffentlichten Briefe und einige weitere, die uns nach dem erfolgreichen Abschluß der Kampagne erreichten, dokumentiert sind.

Wir freuen uns, diese Sammlung vorlegen zu können; das Interesse der deutsche Verlage am „Fall“ Nasrin war nicht gerade stürmisch zu nennen. In Frankreich, wo das Interesse an Menschenrechtsfragen offenbar gefestigter ist, liegt bereits eine Übersetzung von Taslima Nasrins Roman „Lajja“ vor.

Wir freuen uns aber mehr noch darüber, daß Taslima Nasrin ihr schwedisches Exil verlassen wird, um die Frankfurter Buchmesse zu besuchen und an der Vorstellung der „Briefe an Taslima Nasrin“ teilzunehmen. jl

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