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Taxifahrer im Preisdschungel

■ Neue Taxitarife in Kraft / Fehlende Fahrpreisanzeiger sowie verwirrende Preistabellen sorgen für Verärgerung bei Taxifahrern und Fahrgästen

„Das ist doch ein ausgemachter Beschiß!“, schimpft Uwe V. Der selbständige Droschkenkutscher kann sich nicht für die neu eingeführten Tarife begeistern, die gestern in Kraft getreten sind. Mit einer verächtlichen Handbewegung deutet er auf die Taxi-Neupreistabelle: ein verwirrendes Zahlenwerk, das von der Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe über die Landeseinwohnerämter an die TaxifahrerIn gebracht worden ist. „Möchte gerne mal wissen, wo ich mich da finanziell verbessert habe, wenn eine Fahrt, für die ich früher 50 DM kassiert habe, plötzlich nur noch 47,50 DM kostet“, klagt der Alleinfahrer und verweist darauf, daß er auch noch seinen Taxameter umrüsten mußte. „Das kostet mal ganz locker sechshundert Mark. Für mich ist das ein Minusgeschäft.“

Mit einem Wust von mehr oder minder exotischen Regelungen und Sondertarifen wollen zwei der drei Berliner Taxiverbände in Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe das Taxifahren attraktiver machen. Zum Beispiel mit dem Winkemann-Tarif, der es den Kunden ermöglicht, sich für fünf Mark zwei Kilometer oder maximal fünf Minuten fahren zu lassen. Ein kompliziertes System von Staffelungen soll zudem dafür sorgen, daß lange Fahrten billiger werden. Um die Verwirrung zu perfektionieren, wurden die Grundgebühr und das Wartegeld angehoben. Mit dem Erfolg, daß nun weder die Fahrgäste noch die Kutscher wissen, ob Taxifahren an sich nun teurer, preiswerter oder einfach nur undurchsichtiger geworden ist. Winkemann-Tarif hin, Neupreistariftabelle her, so richtig entzückt scheint keiner der rund 7.000 Berliner Taxifahrer zu sein. Auch die angestellten Fahrer reagieren bisher mit Zurückhaltung auf die neuen Taxitarife. Bereits in den vergangenen Wochen und Monaten war es wegen der notwendig gewordenen kostspieligen Umrüstung der alten Taxameter wiederholt zu Protestaktionen der Fahrer gekommen.

Horst Alex, der 2. Vorsitzende der Innung des Berliner Taxigewerbes e.V., hat für diese Proteste keinerlei Verständnis. „Die ewig Gestrigen verstehen nicht, daß etwas geschehen muß, wenn wir Taxifahrer als private Unternehmer überleben wollen. Wir müssen etwas anbieten, was die Leute haben wollen. Und vor allem muß es bezahlbar sein.“ Der 59jährige Vertreter des mit 2.400 Fahrern mitgliederstärksten Taxifahrer-Verbandes will das Taxi als öffentliches Nahverkehrsmittel verstanden wissen, das zukünftig als Querverteiler des Liniennetzes fungieren soll. „Nur nützt uns das alles nichts, wenn die Leute aus Kostengründen keine Taxen benutzen.“ In diesem Zusammenhang verwies Horst Alex darauf, daß derzeit nicht mehr als fünf Prozent der Bundesbürger Taxen benutzen. Nur zwei Prozent täten dies regelmäßig. Um das zu ändern, seien die neuen Tarife nötig geworden. Die damit verbundene Ausrüstung der Taxen mit neuen Taxametern sei doch allemal zu verkraften.

Wegen Umstellungs- und Lieferschwierigkeiten der Hersteller konnten bislang noch nicht alle Taxen umgerüstet werden, so daß bislang nur die Hälfte der rund 7.000 in Berlin zugelassenen Taxen über einen neuen Fahrpreisanzeiger verfügen. Für die anderen gilt eine Übergangszeit bis zum 30. November. Bis dahin arbeiten die betroffenen Taxen mit Neupreistabelle, die der Fahrer dem Fahrgast auf Verlangen vorzeigen muß. Peter Lerch

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