: Viel zu eng
■ Sex und Gewalt auf Hemden: Uwe Troeschel in der Galerie Neue Räume
Erst auf den zweiten Blick zeigt sich der Unterschied: Es ist nicht das Benetton-Hemd des Freischärlers mit dem verräterischen Einschußloch, sondern eine sorgfältig angegraute, kopfüber auf eine Leinwand gespannte Jacke. Der zerrissene Ärmel steckt lässig in der Tasche. Uwe Troeschel stellt „Männer und Frauen/Hombres y Mujeres“ in der Galerie Neue Räume aus, die Hemden-Torso- Reihe von 1993 bildet darin den Hauptteil. Vier Jahre hat Troeschel an der Fachhochschule für Produktdesign in Hildesheim studiert und sich trotz des nachfolgenden Bildhauerei-Studiums an der HdK eine unverbrüchliche Affinität zum Textil bewahrt.
Seine Hemden zeigen, was auf der Haut und unter ihr verborgen liegt. Mal ist es ein viel zu enger, würgender Kragen, unter dem ein bedrohlich verlangsamter Herzton hervorschallt, mal eine Lichtinstallation hinter weißem Stoff, die in schnell pulsierendem Rhythmus das Bild eines Liebespaares auf die rechte Brust zeichnet. Manchmal bildet das Hemd auch nur den flächigen Grund für eine Landschaft oder ein Stilleben. Immer aber dominiert die banale Materialität des Stoffes das Bild.
Ist die Hemden-Serie noch eher geometrisch-schlicht gehalten, zeigt sich im zweiten Teil der Ausstellung Troeschels Nähe zu Meret Oppenheim. Wie sie wählt er für seine Objekte ausgediente Gebrauchsgegenstände, Blechbüchsen, und erzeugt so eine surrealistische, manchmal ins Ironische kippende Atmosphäre. „Wie können leere Sardinendosen so schön geil wirken?!“ hat ein Mann in das Ausstellungsbuch eingetragen.
Tatsächlich bleiben Sex und Gewalt auf Hemden und Dosen sein Thema, ob angedeutet oder in brutaler Direktheit. Entblößte Büchsen, schwarzes Haar hinter milchig-blauem Pergament. Oder acht kleine rosa Quadrate, darauf hinter Folie ein dunkel-wülstiger Schamhaarhügel. Nicht alles ist gelungen, manchmal verliert sich schon beim Nähertreten die reizvolle Illusion in den gewöhnlichen Bestandteilen. Julia von Trotha
Uwe Troeschel: „Hombres y Mujeres“ bis 21.10., Mo.–Fr. 10–19 Uhr, Galerie Neue Räume, Lindenstraße 39, Kreuzberg.
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