■ Die Polizei wehrt sich: Notbremse
Im Sommer protestierten Abschiebehäftlinge im Polizeigewahrsam Kruppstraße gegen eine monatelange Inhaftierung; ein demonstrativer Selbstmord konnte nur knapp verhindert werden. Geeignet sind die Zellen im Polizeigewahrsam für eine dauerhafte Unterbringung nicht – das wissen alle Verantwortlichen seit langem, insbesondere der Innensenator. Der Brief von Polizeipräsident Saberschinsky, in dem auf die menschenunwürdige Unterbringung hingewiesen wird, spricht deshalb nur längst Bekanntes an. Das zentrale Problem ist, daß er dennoch geschrieben werden mußte, weil in den letzten drei Monaten nichts passiert ist, um die Situation in der Kruppstraße zu entschärfen. Die Bereitschaft der Justizsenatorin Peschel-Gutzeit (SPD), die Häftlinge nach dem Hungerstreik zeitweilig in Justizvollzugsanstalten unterzubringen, hat Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) mitnichten veranlaßt, in der Kruppstraße für bauliche Veränderungen zu sorgen oder sich generelle Gedanken über eine angemessene Unterbringung von Abschiebehäftlingen zu machen. Die Polizei ließ er damit im Regen stehen.
Saberschinskys Brief muß deshalb als Notbremse verstanden werden angesichts einer unverantwortlichen Laisser-faire-Haltung des Senators. Die Polizei will sich nicht länger verantwortlich machen lassen für das Versagen des Innensenators, der immer noch ein Unter-den-Teppich-Kehren für Politik hält. Gefordert wäre der Innensenator weiterhin. Doch Sachprobleme lösen scheint sich Heckelmann abgeschminkt zu haben. Von der Polizei unter Druck gesetzt, wird er vielmehr zum Amokläufer in der Senatskoalition. Dies beweisen seine Attacken gegen die durchaus zur Amtshilfe bereite Justizsenatorin. Kaltlassen kann dies den Regierenden Bürgermeister nicht. Gerd Nowakowski
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