Jeder Zehnte hat schon gewählt

■ Die lange Nacht von Landeswahlleiter Günther Appel / Erste Hochrechnung ab 19.30 Uhr / Jeder Fünfte geht nicht zur Wahl

taz: In den 13 Berliner Wahlkreisen sind am Sonntag 2,5 Millionen Wahlberechtigte zur Wahl des deutschen Bundestags aufgerufen. Wieviele werden ihre Stimme abgeben?

Günther Appel: Anhand der gestellten Anträge für die Briefwahl kann man die Wahlbeteiligung abschätzen. Weil die Zahl der Anträge, die zur Bundestagswahl 1990 neun Prozent der Wahlberechtigten gestellt hatten, mit der jetzigen Zahl nahezu identisch ist, gehen wir von der gleichen Beteiligung wie 1990 aus. Vor vier Jahren gaben mit rund 80 Prozent etwas mehr als zwei Millionen Berliner ihre Stimme per Brief oder im Wahllokal ab.

Am Sonntag sind 2.838 Wahlurnen aufgestellt. Wie werden die Stimmen ausgezählt?

Die Urnen werden um 18 Uhr geöffnet und die Wahlzettel öffentlich ausgezählt. Die Ergebnisse werden telefonisch den Bezirkswahlämtern mitgeteilt. Dort werden die Daten in Computer eingelesen, die mit unserem Rechner im Statistischen Landesamt am Fehrbelliner Platz vernetzt sind. Die erste Hochrechnung ist vielleicht schon 19.30 Uhr möglich.

Wieviele Stimmen sind bis dahin ausgezählt?

Die erste Hochrechnung beruht auf der Auswertung von rund 25.000 Stimmzetteln.

Berlin hatte in der jetzigen 12. Legislaturperiode 28 Vertreter im Bundestag. Werden auch diesmal mehr als die vorgesehenen 26 Mitglieder in den deutschen Bundestag einziehen?

Das hängt von der Wahlbeteiligung ab. Je höher die Beteiligung im Verhältnis zu der im Bundesdurchschnitt ist, desto eher können ein, zwei oder drei weitere Berliner Abgeordnete in den Bundestag einziehen.

In Berlin sind die Grenzen der 13 Wahlkreise leicht verändert worden. Sind die morgigen Ergebnisse trotzdem mit denen aus dem Jahr 1990 vergleichbar?

Wir haben die damaligen Ergebnisse auf die neuen Wahlkreise übertragen. Ein Vergleich ist deshalb voll möglich.

Wenn morgen die erste Hochrechnung vorliegt, was wird Sie als Landeswahlleiter am meisten interessieren?

Die Wahlbeteiligung und die Zahl der ungültigen Stimmen. Gerade die ungültigen Stimmen sind ein Indiz dafür, wie weit das Wahlsystem verstanden wird. Bei den Zweitstimmen waren bei der Europawahl von 1.000 Stimmen 14 ungültig.

Wie lange arbeiten Sie am Sonntag?

Wenn wir das Ergebnis ermittelt haben, melden wir es dem Bundeswahlleiter. Dann sind ich und meine Mitarbeiter die folgenden Stunden mit der Analyse beschäftigt. Und dann stellen wir die Ergebnisse am Montag morgen vor. In der Wahlnacht werde ich wohl nicht zum Schlafen kommen. Interview: Dirk Wildt