: „Wahllose Tötungen“ in Ruanda
■ amnesty: Auch neue Herrscher verletzen Menschenrechte
Berlin/Genf (taz/AP/epd) – Zum erstenmal hat die Menschenrechtsorganisation amnesty international detaillierte und schwere Vorwürfe an Ruandas neue Regierung gerichtet. In einem heute veröffentlichten Bericht erklärt amnesty, Soldaten der Ruandischen Patriotischen Front (RPF), die im Juli die Macht übernahm, hätten „Hunderte und möglicherweise Tausende von Gefangenen und unbewaffneten Zivilisten“ getötet. „Es gibt klare Beweise, daß die RPA (militärischer Arm der RPF) absichtliche, wahllose Tötungen und Massenhinrichtungen verübte, als sie sukzessive Regionen Ruandas unter ihre Kontrolle brachte und sich nach der Entdeckung des an ihren Unterstützern oder Verwandten verübten Völkermords unterschiedslos an unbewaffneten Hutu-Zivilisten rächte“, schreibt amnesty.
Bereits Ende September hatte das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR berichtet, Tausende von Menschen seien von RPF-Soldaten umgebracht worden. Dieser Bericht war international kritisiert worden, da er sich offenbar auf unverifizierbare Behauptungen stützte. amnesty erhebt andere Beschuldigungen; viele der geschilderten Vorfälle stammen aus der Zeit, als die RPF sich noch im Guerillakampf befand. Doch wird die Zurückweisung des UNHCR-Berichtes kritisiert: „Die internationale Gemeinschaft scheint bei Menschenrechtsverletzungen durch RPA-Soldaten wegzuschauen, da diese nicht so ernst wie die seien, die von ihren Vorgängern begangen wurden.“
Wegschauen wäre jedoch nachvollziehbar. Bewaffnete Unterstützer der ehemaligen ruandischen Regierung haben zwischen April und Juni dieses Jahres zwischen 500.000 und eine Million Ruander massakriert. Die Forderung, nach dem Sieg der Gegenseite dürfe es keine Racheakte geben, kann zynisch erscheinen. Unterfüttert werden müßte sie, so Menschenrechtler, mit einer gerichtlichen Aufarbeitung des Völkermords und mit der Stationierung von Menschenrechtsbeobachtern. Beides hat die UNO zwar empfohlen, setzt es aber nicht um, wie internationale Kirchenverbände am Dienstag kritisieren. „Sechs Monate nach dem Beginn der Krise in Ruanda ist praktisch keine einzige der angekündigten Maßnahmen völlig in Kraft gesetzt worden“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme zahlreicher kirchlicher Organisationen. Diese „Unfähigkeit“ sei für die unsichere Lage mitverantwortlich. D.J.
Reportage Seite 11
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