Zementwerk in den Sand gesetzt

■ Beckmeyer stoppt Neubau in Gröpelingen / Klöckner fürchtet Neuansiedlung

Die umstrittene Zementfabrik in Gröpelingen wird nicht wie geplant auf dem Gelände der AG-Weser gebaut. Das hat Häfensenator Uwe Beckmeyer gestern der Häfendeputation mitgeteilt. Zusammen mit dem Unternehmen, der „Kohl-Bau GmbH“ aus dem rheinland-pfälzischen Bitburg, soll jetzt ein Alternativstandort in Bremen gefunden werden. Beckmeyer begründete seinen Rückzieher mit „erheblichen Akzeptanzproblemen in der Gröpelinger Bevölkerung“. Inzwischen ist aber auch deutlich geworden, daß weder das Wirtschaftsressort noch die Klöckner-Hütte von dem potentiellen neuen Betrieb begeistert sind, weil der den gesamten Bremer Zementmarkt aufmischen würde. Wenig Chancen gibt dagegen der Bremer Marktführer in der Zementindustrie, „Alsen-Breitenburg“, dem Branchenneuling aus Bitburg: „Das wird eine Ruine, von der Bremen und Kohl nur Schaden haben“.

Empört hatte sich Orts- und Sanierungsbeirat Gröpelingen gegen den Bau der Zementfabrik ausgesprochen. Die befürchtete Belastung durch Staub, Geruch und Lärm dränge Gröpelingen weiter an den Rand Bremens, die Anstrengungen zur Aufwertung Gröpelingens würden unterlaufen, hieß es auf einer AnwohnerInnenversammlung. Auch Bürgermeister Wedemeier nahm nach der öffentlichen Unmutsäußerung Partei gegen den Standort AG Weser : „Gröpelingen hat viele Belastungen zu ertragen, daß gerade hier bei jedem neuen Vorhaben dringend die Verständigung mit dem Beirat gesucht werden muß.“

Die Häfenbehörde – zuständig, weil es sich um die Ansiedlung auf einem Hafengelände handelt – sah in den Reaktionen der Bevölkerung „viel Emotionen“, wie Presseprecher Rüdiger Staats meinte. Immerhin werde der Neubau die Emissionswerte der TA Luft für Staub „weit unterschreiten“. Der Beschluß für einen günstigen Erbbauvertrag sei im letzten Jahr in der Deputation einstimmig auch mit der FDP-Stimme gefällt worden. FDP-Wirtschaftssenator Claus Jäger hatte vor wenigen Wochen dagegen moniert, der Standort verderbe ihm die Pläne eines „Space-Parks“ auf dem AG-Weser-Gelände.

Bürgermeister, Häfen- und Wirtschaftsbehörde und die Firma Kohl machen sich nun auf die Suche nach einem Alternativstandort für den Neubau der Anlage: Die soll immerhin ein Zementwerk mit vier 50 Meter hohen Silos und einem Umschlagplatz von jährlich 750.000 Tonnen Zement am seetiefen Wasser beherbergen, etwa 35 neue Arbeitsplätze schaffen und für 35 Millionen Investitionen verschlingen.

Doch für die Klöckner-Hütte ist auch ein Alternativstandort keine Lösung ihres Problems. Denn auf dem Gelände der Hütte gibt es bereits eine Zementfabrik, „Alsen-Breitenburg“. Die nimmt Klöckner die Hochofenschlacke ab, macht daraus Zement und beherrscht mit dem Verkauf in Bremen und umzu nach eigenen Angaben „40 bis 45 Prozent des Marktes“. Für Klöckner eine ideale Lösung: Für die Schlacke, die sonst teuer deponiert werden müßte, kriegt die Hütte in langfristigen Verträgen Geld.

Das allerdings könnte sich ändern, wenn mit Kohl ein starker Konkurrent auf dem Bremer Zementmarkt treten würde, meint Lutz Detjens vom Vorstand der „Alsen-Breitenburg“ aus Hamburg. „Es wird zu einem Preiskampf und einem Verdrängungswettbewerb kommen, bei dem wir sinkende Preise auch an Klöckner weitergeben müßten. Aber wir werden hier nicht weggehen.“ Detjen wundert sich, daß Bremen erst vor kurzem mit der „Interessentenlösung“ die Klöckner-Hütte gerettet habe und ihr jetzt das Leben schwer mache. Auch Klöckner habe dem Senat mitgeteilt, so Presseprecher Hans-Jürgen Blöcker, daß man von der Ansiedlung Kohls „nicht begeistert“ sei und einen „ruinösen Wettbewerb“ befürchte. Wer aus dem als Sieger hervorgeht, ist für Lutz Detjen klar: Sein Unternehmen beschäftige insgesamt 650 Personen und habe über Kapitalverflechtungen einen der weltweit größten Zementhersteller im Rücken: „Ein Preiskrieg tut uns weh, aber wir stehen ihn durch. Kohl ist eine renommierte Baufirma, aber von Zement verstehen die nichts.“

Eine Stellungnahme der Kohl GmbH war nicht zu erhalten. „Kein Kommentar“ hieß es aus der Zentrale. In Bitburg gilt die Firma als erfolgreiches Familienunternehmen, das „überall dabei ist, wo sich Geld verdienen läßt.“ Das mittelständische Unternehmen mit 350 ArbeitnehmerInnen zeichne sich durch knallharte Geschäftspolitik aus. Großgeworden ist Kohl demnach mit Bauarbeiten auf dem Stützpunkt der US-Luftwaffe in Bitburg. Seit absehbar war, daß der Flugplatz im September dieses Jahres geschlossen werden sollte, hat sich Kohl anderweitig orientiert: Nach Luxemburg und jetzt eben auch nach Bremen. bpo