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Irmgard Möller kommt frei

■ Gutachter befürwortet „vorzeitige Entlassung“ der RAF-Gefangenen nach 22 Jahren Haft

Berlin (taz) – Nach 22 Jahren Haft kommt Irmgard Möller frei. In den nächsten Wochen wird das Landgericht Lübeck abschließend über die „vorzeitige Entlassung“ der RAF-Gefangenen entscheiden, die seit dem 9. Juli 1972 ununterbrochen in Haft sitzt. Die letzte Hürde vor der Freilassung räumte jetzt ein Psychologe beiseite. Der vom Gericht bestellte Gutachter kommt in seiner „Gefährlichkeitsprognose“ zu dem Schluß, daß „die in den Taten [Möllers; d.Red.] zutage getretene Gefahr nicht weiterbesteht“. Weil davon auch das Landgericht, die JustizministerInnen in Kiel und Bonn und der Generalbundesanwalt überzeugt sind, wird mit einer raschen Entscheidung gerechnet.

Unklar war bis zuletzt, ob auch die Staatsanwaltschaft Heidelberg einer Entlassung zustimmt. Die Heidelberger Ankläger hatten Möller 1979 wegen Beteiligung an dem blutigen Anschlag auf das Hauptquartier der US-Armee in Heidelberg zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Ankläger hatten im Verlauf des zwei Jahre dauernden Gezerres mehrfach gegen eine Freilassung votiert, weil sie nicht bereit sei, sich eindeutig von Gewalt als Mittel der Politik zu distanzieren. Nach Informationen der taz wird die Staatsanwaltschaft jedoch nach einem positiven Gerichtsbescheid darauf verzichten, gegen den Beschluß in die nächste Instanz zu ziehen. Auch in Baden-Württemberg, hieß es gestern aus Justizkreisen, sei man an einem „positiven Ausgang des Verfahrens interessiert“. Bis Ende des Monats haben Möllers Anwälte und die Staatsanwaltschaft Gelegenheit, zu der Expertise des Psychologen Stellung zu nehmen. Danach wird ohne weitere Verhandlung entschieden.

Unterdessen haben sich Informationen bestätigt, wonach sich der Gesundheitszustand der seit knapp siebzehn Jahren inhaftierten Christine Kuby in jüngster Zeit rapide verschlechtert hat. Kuby, die wie Möller in der JVA Lübeck einsitzt, leidet an mehreren Bandscheibenvorfällen. In einem Schreiben an das Hanseatische Oberlandesgericht hat der Lübecker Gefängnisdirektor Schmelzer kürzlich auf die unhaltbare Situation hingewiesen. Über eine Haftunterbrechung Kubys müßte die Bundesanwaltschaft entscheiden. Ein entsprechender Antrag Kubys liegt allerdings noch nicht vor. gero Tagesthema Seite 3

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