piwik no script img

Gib' mir den Faxmaschinen-Blues

■ Jazz in Bremen (2): Der Promoter Thomas Proff ist der Manager der Bremer Blue Notes

Auch der Jazz gehört zum Showbusiness und Toureen müßen organisiert, Verträge aufgesetzt und Studios für Aufnahmen angemietet werden. So klein ist die Bremer Jazzszene nun doch nicht, daß sich aus ihr nicht wenigstens einer so weit entwickeln konnte, der dieses Metier hauptberuflich betreibt. Manager nennt der 33jährige Thomas Proff sich allerdings nur sehr ungern: „Das klingt mir zu sehr nach hoher Stirn und Siegelring.“ Er sieht sich lieber als Vertreter, Promoter oder Agent und mit seinem so passenden Namen kann er seine Firma PROFFessional Promotion nennen.

Der diplomierte klassische Musiker verließ seinen sicheren Job als Violinist im Oldenburger Staatsorchester, um sich mit Telefon, Fax und Schreibmaschine selbständig zu machen. „Schuld an all dem ist Uli Beckerhoff, den ich vor vielen Jahren im Jazzclub auf den Höfen jeden Freitag zusammen mit Heinz Wendel und Sigi Busch beim jammen erlebt habe, bis allle regelmäßig um zwei Uhr morgens besoffen waren. Das waren meine ersten Erfahrungen mit dem Jazz.“

Später spielte er selbst dann auch in Gruppen, hat bei der Organisation der Jazzmusikerinitiative Bremen (MiB) und des Jazzclubs in Walle geholfen. Beckerhoff habe ihn, Proff, dann gefragt, „ob ich nicht seine Promotion übernehmen wollte“, und bald habe er gemerkt, daß er „zwar ein ganz passabler Musiker aber ein viel besserer Organisator“ sei, und davon gebe es ja nur sehr wenige.

So telefonierte er immer mehr, übte oder spielte immer weniger und mußte sich irgentwann endgültig für einen Weg entscheiden. „Als Musiker im Orchester hatte ich ein festes Gehalt und mit dem Geld für Auftritte hatte ich etwa das Einkommen eines Studienrates.“ Als er sich dann selbstständig machte, hatte er zuerst sehr hohe Kosten, „und nichts kam rein. Und ich war auch zu blöd, um etwa beim Bremer Senat ein Existenzbildungsdarlehen zu beantragen.“ Aber jetzt vertritt er fünf Künstler, und das Unternehmen „trägt sich gut.“

Aus seinem Büro in der eigenen Wohnung heraus regelt Proff die Geschäfte von Uli Beckerhoff, der Gitarristin Susan Weinert, des Trompeters Markus Stockhausen, des Saxophonisten Gebhard Ullmann und des Schweizer Komponisten Serge Weber. „Die kaufen sich von diesen Arbeiten frei, und so können sie sich ganz auf ihre Kunst konzentrieren.“ Außerdem organisiert Proff Konzertreihen, Festivals und Produktionen für Theater, Fernsehen oder Radio. Serge Webers hochgelobtes Musiklayout von Radio Bremen II mit Paul McCandless und Eberhard Weber wurde zum Beispiel von ihm gemanagt.

Die Grenzen zwischen Veranstalter, Agent und Manager sind bei Proff fließend: „Manchmal könnte ich mich da auch selber anrufen, um die von mir betreute Gruppe zu engagieren.“ In Sulingen stellte Proff etwa in diesem Jahr zum zweiten Mal ein kleines aber feines Jazzfestival auf die Beine. Weniger Glück hatte Proff bei seiner Konzertreihe mit Jazz in der Disco, denn das Imperial ging schlicht und einfach pleite. Auf die Frage, ob das Konzept nicht auch für eine andere Discothek interessant sein könnte, winkt Proff ab: „Jazz ist und bleibt eine Musik, die sich nicht rechnet. Wenn ein Wirt einmal im Monat bei sich ein Jazzkonzert veranstaltet, ist daß eine Frage des Images – wie Sponsoring. Er muß auf jeden Fall draufzahlen.“

Für Proff macht es „keinen Sinn, sich nur auf die Jazzszene in Bremen zu konzentrieren“, aber daß er seinen Standtort hier hat, ist für ihn kein Manko. Im globalen Dorf ist er mit Fax und Telefon „in zwei Sekunden in New York“ und weil er bei den wichtigen Veranstaltungen mitreist ist er „so viel weg, daß ich gerne hierbleibe.“

Willy Taub

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen