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„Schneider und Schuster“ im MGT: Albert Hetterle und Ulrich Anschütz

Der Plot könnte von George Tabori stammen: Ende der 20er Jahre treffen sich zwei arbeitslose Schauspieler in einem leeren Theater in Lodz und spielen sich quer durch die Literatur- und Weltgeschichte. Beide sind ehrgeizig, spielen darum jede Rolle – und sprechen den Hamlet-Monolog wenn's sein muß auch mit heruntergelassenen Hosen –, und sie sind Juden, womit oder damit's auch gleich politisch wird. Schneider wird zu Hitler und später zu Stalin; aber Opfer und Täter tauschen die Rollen, da sich der Gemarterte bei seinem Peiniger für dessen harte Arbeit schließlich entschuldigt.

Doch nicht nur Tabori, auch Woody Allen und Beckett dürften für „Schneider und Schuster“ Pate gestanden haben, ein Stück, das nach seiner Uraufführung in der Regie des Autors am Baseler Theater am Maxim Gorki Theater erstmals nachgespielt wird.

Regie führt Peter Fitz, der als Schauspieler unter anderem an der Schaubühne gearbeitet hat. Aber auch die vielen Streichungen, die politische Akzentuierung und der ironische Ausklang (auch der Schluß wurde zurechtgestutzt) haben ihm nicht helfen können – es bleibt ein mattes Vergnügen. Das liegt bei einem Dialogstück natürlich vor allem an den Schauspielern – oder in diesem Fall an einem; denn wenn auch Ulrich Anschütz den Schuster als hageres, zappeliges Männchen zu spielen weiß, so gelingt es seinem Kompagnon Albert Hetterle kaum, glaubwürdig in die verschiedenen Rollen Schneiders zu schlüpfen.

Ab und an wandelt eine blonde Schönheit im enganliegenden Abendkleid vorbei, zur Toilette; eine vage oder vielmehr plumpe Versprechung im Hinterraum eines Theaters, Cafés oder Restaurants, wo sich die beiden schließlich als Kellner und Gast wiederfinden. Dort wird gefressen, was das Zeug hält – diesen Gast wird das Lokal nicht mehr los. Kellner und Gast, sie kotzen sich an. Keiner geht, kein anderer kommt. Irgendwann ertönt dann nicht etwa erlösend ein Klingelzeichen (die Aufführung währt knapp zwei Stunden ohne Pause), sondern das Telefon. Der ominöse Anruf aus ... – „Hollywood – wir kommen!“ spricht der Schauspieler in die Hörmuschel. Glauben tun wir's nicht. Sabine Seifert/Foto: Thomas Aurin

Nächste Vorstellungen: am 29.10. und 8.11., 19.30 Uhr, Maxim Gorki Theater, Unter den Linden, Mitte. Nach der Vorstellung am 8.11. gibt es im Foyer ein Gespräch mit dem Regisseur, dem Ensemble – und Joshua Sobol!

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