: Toleranz & Perspektive
■ Verein "Partnerschaft" will in Hessen ein multikulturelles Ausbildungszentrum in einem Renaissanceschloß einrichten
Frankfurt/Main (taz) – Jay-Jay Okocha aus Nigeria ist der „Ballzauberer“ der Eintracht aus Frankfurt am Main. Der junge Mann mit der Grace-Jones-Frisur kickt neben Superstar Anthony Yeboah aus Ghana in der Fremde, denn in Afrika sind die Chancen nur gering, mit dem Fußballspielen das nötige Geld für die eigene Familie verdienen zu können. Trotzdem bleibt die „Heimat nun einmal Heimat“, auch für Jay-Jay Okocha. Und so wie ihn, da ist sich der Mittelfeldspieler sicher, plage auch seine Landsleute jenseits von Afrika das Heimweh: „Gäbe es in der Heimat Perspektiven für die Menschen, würden sie wieder zurückgehen.“
Neue Perspektiven, die nicht als „Re-Immigrationshilfen“ mißverstanden werden sollen, will nun der Verein „Partnerschaft“ im hessischen Main-Kinzig-Kreis AfrikanerInnen und anderen Flüchtlingen eröffnen. Zunächst will man das Schloß Naumburg in der Wetterau kaufen. In Zusammenarbeit mit dem Dachverband der Partnerschaftsvereine in Süddeutschland und der „Zukunftswerkstatt Weltpartnerschaft“ will der Verein dann im Schloß ein interkulturelles und interreligiöses Begegnungszentrum für Flüchtlinge, andere AusländerInnen und Deutsche einrichten. „Toleranzschule“ nennt der Geschäftsführer vom Verein „Partnerschaft“, Wolfgang Lieberknecht, das Projekt, dem ein Ausbildungszentrum vor allem für Flüchtlinge aus Afrika und Osteuropa angegliedert werden soll. „Den Flüchtlingen soll hier“, so Lieberknecht, „die Chance gegeben werden, durch eigene Weiterbildung einen Beitrag für die Gestaltung der Zukunft in ihren eigenen Ländern leisten zu können. Außerdem wollen wir erreichen, daß sich möglichst viele Menschen verschiedener Kulturen kennenlernen.“
3.333 „Bausteine“ für die Zukunft des Projekts
Ist Schloß Naumburg erst einmal im Besitz des Vereins „Partnerschaft“, dann soll es zunächst in multikultureller Zusammenarbeit renoviert werden. Anschließend sollen Seminare über ökologischen Landbau, handwerkliche Techniken und ökonomische und soziale Fragen fester Bestandteil der Bildungsarbeit auf dem Schloß werden. Und auch kulturelle und sportliche Aktivitäten, da ist sich Lieberknecht sicher, werden einmal das Leben auf dem multikulturellen Schloß prägen.
Doch Schlösser aus der Renaissance sind in Deutschland nicht eben billig. Das Land Hessen und der Main-Kinzig-Kreis wollen das Projekt zwar finanziell und ideell unterstützen, und auch die Öko- Bank hat ihre Bereitschaft signalisiert, den Initiatoren einen Kredit zur Verfügung zu stellen. Doch als Grundstock braucht der Verein exakt 1,2 Millionen Mark. Die sollen jetzt mit dem Verkauf von 3.333 „Bausteinen“ zu je 333 Mark in die Vereinskasse kommen.
Jay-Jay Okocha war einer der ersten „Bausteinkäufer“ und Unterstützer des Projektvorhabens. Der Fußballer bei der Frankfurter Eintracht meint: „Ich finde es gut, wenn Einheimische und Menschen anderer Länder gemeinsam dazu beitragen wollen, daß Gewalt und Not weltweit überwunden werden.“ Auch andere prominente ZeitgenossInnen haben inzwischen dem Verein „Partnerschaft“ ihre Unterstützung zugesagt, so etwa der Schriftsteller Peter Härtling. Klaus-Peter Klingelschmitt
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