Wieder Waffen für die Türkei

■ Der Häfen-Senator weiß von nichts und verweist außerdem auf Nato-Verpflichtungen

Die Bundesrepublik liefert längst wieder Waffen an die Türkei. Gegenstände im Wert von 1,5 Milliarden Mark firmieren unter der Überschrift: „Materialhilfe III-Abkommen“. Alles Mögliche ist darunter, Ersatzteile für Flugzeuge, für Raketensysteme, Manöverpatronen, die „leihweise Überlassung“ eines Leopard, aber auch LKW, jede Menge Munition, Zieloptik für Leopard-Panzer - also Kriegsmaterial, das weniger zur Abschreckung des großen Gegners als vielmehr zum Kampf gegen die kleinen Gegner im Inneren geeignet ist.

Während der Bremer Senat im Juni auf Anfrage der Grünen einräumte, daß er Kenntnis hatte von einer größeren Lieferung Militärmaterial an die Türkei und nur über den „Verwendungszweck“ nichts wisse, stellt sich das Häfenressort diesmal völlig dumm: Ob und wenn ja, warum - das Häfenressort wisse überhaupt nichts, steht im Entwurf für die Antwort des Senats auf eine neuerliche Anfrage der Grünen. Anstatt Auskunft über tatsächliche Waffenlieferungen zu geben, referiert der Vorschlag, was in Verordnungen steht: „Die bremischen Häfen unterliegen einer Verkehrspflicht für zollmäßig abgefertige Waren. Soweit es sich dabei um Rüstungsgüter handelt, muß der Ausführende eine Ausfuhrbescheinigung entsprechend den Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes und des Kriegswaffenkontrollgesetzes in Besitz haben.“ Der Bremer Zoll, so ist aus früheren Auseinandersetzungen bekannt, öffnet nicht einmal stichprobenweise Kisten, um zu überprüfen, ob auch das drin ist, was auf den „Ausfuhrbescheinigungen“ mit einem Stempel versehen ist.

Der Grüne Walter Ruffler hatte eine Nachfrage gestellt: „Wie beurteilt der Senat den Export dieser Materialien?“ Zwischen SPD und CDU ist die Türkei-Politik seit Jahren umstritten. Insbesondere nachdem Filmaufnahmen vorgeführt werden konnten, die den lange existierenden Vorwurf bewiesen, daß deutsches Kriegsmaterial - in diesem Falle alte NVA-Panzern - gegen opponierende Teile der Bevölkerung eingesetzt wird, waren vor wenigen Monaten die Waffenexporte zumindest symbolisch und zeitweise vom Außenministerium in Bonn gestoppt worden.

Jahrelang hat es um die Benutzung der bremischen Häfen für Kriegswaffen-Exporte große Kontroversen gegeben. Daß das bremische Häfenressort von diesen Debatten nichts weiß oder nichts hält, zeigt der Vorschlag für eine Antwort des Bremer Senats: „Die Republik Türkei ist Mitglied der Nordatlantischen Verteidigungsorganisation. Der Senat hält sich daher an Vereinbarungen, die im Rahmen dieser Organisation getroffen worden sind.“ Dies und kein Wort mehr soll der Ampel-Senat am Dienstag beschließen. „Von einem Senat mit grüner Beteiligung erwarte ich zumindest mehr Nachdenklichkeit“, sagt der Grüne Walter Ruffler - fast resigniert. K.W.