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Verfassungsschützer als Journalist

■ VS-Mann schreibt für FAZ und SPD

Nürnberg (taz) – Normalerweise sollten Journalisten als vierte Gewalt eine Kontrollfunktion ausüben. Problematisch wird es, wenn Angestellte von staatlichen Institutionen als Journalisten arbeiten, ohne ihren Arbeitgeber zu offenbaren. Noch problematischer wird es, wenn dieser Arbeitgeber Bundesamt für Verfassungsschutz heißt. Eine Zeile in dem vom Bundesinnenministerium im Juli dieses Jahres herausgegebenen Bändchen „Extremismus und Gewalt“ offenbart nun den Arbeitgeber eines Publizisten und Fachautoren zum Thema Rechtsextremismus. Armin Pfahl-Traughber (31) ist fest angestellt beim Kölner Bundesamt als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Rechtsextremismus. An seiner Nebentätigkeit als Journalist findet der Politologe nichts Problematisches.

Pfahl-Traughber arbeitete zunächst als Lehrbeauftragter an der Universität Marburg. Daneben betätigte er sich als Journalist. Sein Spezialgebiet: Rezensionen. „Völlig überzogen“ und „dramatisierend“ kritisierte er in der Regel andere Autoren, die im Rechtsextremismus eine konkrete Gefahr für die Republik sehen. Wer gar Teile des Konservatismus in die Nähe des Rechtsextremismus rückt, den zieh er der „ideologischen Verzerrung“. Die Bandbreite der Zeitungen, in denen Pfahl-Traughber bislang schrieb ist groß. Sie reicht von der vom ehemaligen NPD-Aktivisten Bernhard Wintzek herausgegebenen rechtsextremen Monatszeitschrift Mut über die FAZ bis hin zum blick nach rechts, herausgegeben vom Sozialdemokratischen Pressedienst.

Auch nach seiner Einstellung beim Bundesamt im Juni 1994 arbeitet Pfahl-Traughber weiter als Journalist. Gegenüber der taz betonte der Neu-Verfassungsschützer, daß er seine wissenschaftliche Arbeitsweise „nicht mit dem Dienstantritt abgegeben“ habe. Er habe vorher „nichts mit dem Dienst zu tun“ gehabt und will in seinen zukünftigen Veröffentlichungen genau darauf achten, daß er dabei keine Dinge verwendet, die er „ausschließlich dienstlich erfahren“ habe. Daß er letztlich eine Behörde vertritt, die mit ihrer Einschätzung des Rechtsextremismus auch politisch Position bezogen hat, macht dem „Wissenschaftler“ keine Probleme. Auch beim blick nach rechts hat man keine Bedenken und lehnt einen redaktionellen Hinweis auf Pfahl-Traughbers Tätigkeit ab. Chefredakteur Helmut G. Schmidt betont, daß es sich beim Bundesamt schließlich „um eine Einrichtung der Demokratie“ handele. Die verantwortliche Redakteurin Gabriele Nandlinger sieht das ähnlich. „Wenn er bei uns schreibt, schreibt er als Privatmann und nicht als Behörde.“ Bernd Siegler

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