piwik no script img

„Wir waren nicht unhöflich“

■ Polizisten wegen Mißhandlung von Vietnamesen angeklagt

Gestern begann vor dem Amtsgericht Tiergarten der erste Prozeß gegen Berliner Polizisten, die einen Vietnamesen mißhandelt haben sollen. Dabei versetzte laut Anklage einer der beiden im August letzten Jahres einem Vietnamesen bei einer Personenkontrolle grundlos Faustschläge, während sein Kollege das Opfer festgehalten haben soll. Die 22 und 24 Jahre alten Angeklagten bestritten den Vorwurf der Körperverletzung im Amt.

Die Polizisten sagten vor Gericht, daß sie den Vietnamesen vor einem Wohnheim in Lichtenberg beobachtet hätten, wie er sich am Kofferraum seines Autos zu schaffen gemacht hätte. Das sei ihnen verdächtig erschienen und so hätten sie verlangt, daß er diesen öffne und seine Papiere zeige. Die Angeklagten betonten, daß sie ihre Dienstausweise gezeigt und den Vietnamesen weder geschlagen, getreten oder beleidigt hätten. Vielmehr hätte dieser versucht, sich „der Maßnahme“ zu entziehen, obwohl sie sich als Polizisten vorgestellt hätten, „ganz normal, wie bei Deutschen auch“, so der Angeklagte Carsten P. „Ich kann mir nicht vorstellen, unhöflich gewesen zu sein.“ Auf Nachfragen des Richters gab er aber zu, daß der Vietnamese sie aufgefordert habe, höflicher zu sein.

Dieser sagte gestern, daß er den Angeklagten, die damals in Zivil unterwegs waren, nicht geglaubt habe, daß sie Polizisten seien. Erst als ein Wachmann aus dem Wohnheim das bestätigt habe, habe er seine Papiere geholt. Als er zu deren Überprüfung mit ins Auto kommen sollte, hätte ihn einer der Angeklagten in Gesicht und Bauch geschlagen. Dieser hingegen sagte, daß er von dem Vietnamesen von hinten am Kopf geschlagen worden sei. Während sich der Vietnamese nach Aussage dieses Beamten bei seiner Entlassung „bei bester Gesundheit“ befunden habe, wollte sein Kollege nicht ausschließen, daß er bei den „Widerstandshandlungen“ verletzt worden sei.

Der Prozeß, der am Donnerstag fortgesetzt wird, ist Auftakt der juristischen Aufarbeitung von zahlreichen ähnlichen Vorwürfen gegen Polizisten. Die Staatsanwaltschaft führt derzeit mehr als 50 Ermittlungsverfahren. Die Vorwürfe lauten auf Körperverletzung im Amt, Freiheitsberaubung, Raub und sexuelle Nötigung. Barbara Bollwahn

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen