: Politisches und Sexismen
■ Ein Abend mit Bums und Public Enemy, Ice T und 2Pac
Als "America's most wanted“ sind sie angekündigt, naja. Worte sind geduldig, Plakate ohnehin. Aber Rapper sind ja auch „professionelle Großmäuler, Schnellschwätzer“, wie Ice T in seinem neuen Buch Who Gives A Fuck relativierend erklärt. Diese Erkenntnis angewandt, verbleibt die Frage, was an all dem großspurigem Auftritt verhandelbare Substanz ist, und wieviel Geste, Lautstärke, Überzeichnung weggestrichen werden kann/darf. Denn es geht im HipHop immer noch und gerade hier um Inhalte (auch wenn die Zuschreibung „CNN der Schwarzen“ längst nach RTL schmeckt).
Die drei in dem vorliegenden HipHop-Paket verschnürten Acts präsentieren sich trotz ihre Popularität dann auch weniger als Amerikas beliebteste Rap-Artisten, sondern vielmehr als die verfolgtesten. Tupac Shakur a.k.a. 2PAC gehört zum illustren Zirkel der aufgrund von Straftaten verfolgten Musiker. Nicht seine Kunst hat den Grad seiner Öffentlichkeit vergrößert, sondern Vergehen gegen das Gesetz. Die damit verbundene Problematik ist, daß dieses – wie im HipHop stets thematisiert – im weißen rassistischen Bullen-Amerika besonders dankbar aufgenommen wird und die Meinung „Schwarz = kriminell“ verfestigt.
Natürlich sind, jenseits der Fakten, solche Denkmuster nicht nur Realität, sondern auch dankbarer Öffentlichkeitslieferant. Authentisch wie nur was. Geht es darüber hinaus jedoch nur um den tatsächlich verbal (und musikalisch) transportierten Inhalt, so verbleibt oft nur platte Provokation, wenn nicht sogar bornierter Sexismus in den verschiedensten Schattierungen. Alle Arbeit für das Ghetto, „sein“ Ghetto, alle Versuche, einen Schritt weiter zu denken, können nicht verdecken, daß auch Ice T ein Sexist ist. Was immer auch „Cop-Killer“ – als verbal-anarchisches Moment – hatte, sein eigenes „Gesellschaftsmodell“ ist von den gleichen repressiven Strukturen durchzogen.
Bei Public Enemy sieht das etwas anders aus. Hier wird mittels unterschiedlicher Charaktere die Predigt gebrochen – zwar steht Flava Flav nicht nur als Künstler für den gefährlichen Simplifikator, wird jedoch von Chuck D, der Blaupause für DEN Zeichen setzenden, sozio-politisch bemerkenswerten Rapper aufgefangen und so letztlich in ein progressives Element verwandelt. Daß Public Enemy nie in dem Maße “Public Enemy“, Staatsfeinde, waren, wie es Ice T für ein paar Wochen mit „Cop Killer“ erreicht hat, zeigt nur das niedrige Maß an Feinfühligkeit auf, mit dem „gefährlicher“ Inhalt untersucht wird. Den musikalisch dicken Bums haben übrigens alle.
Holger in't Veld
6.12., Docks, Beginn: 19 Uhr!
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