: Das Paßwort hing am schwarzen Brett
■ Britischer Hacker knackte Zentralrechner
Dublin (taz) – Welch ein Glück, daß der Kalte Krieg vorbei ist. So ist der Schaden, den ein Computer- Hacker in London angerichtet hat, wahrscheinlich begrenzt auf den ruinierten Ruf der britischen Telefongesellschaft und der Geheimdienste.
Der anonyme Hacker hat mitgeteilt, daß er im Sommer in der Computerabteilung von British Telecom einen Aushilfsjob angenommen hatte. Die geheimen Paßwörter für den Hauptrechner, sagte er, hätten am Notizbrett gehangen. So machte er sich ans Werk und kopierte Tausende von Seiten hochgeheimen Materials, nach dem sich Terroristen und ausländische Geheimdienste alle zehn Finger lecken würden: die Privatnummern von John Major in der Downing Street und der Königin im Buckingham-Palast, die Adressen von Spionage-Ausbildungszentren, geheimen Raketenstützpunkten und Nato-Treibstofflagern sowie Angaben über die getarnten Büros der Geheimdienste MI 5 und MI 6, Privatadressen der höchsten Militäroffiziere, Telefonnummern der geheimen US-Kommunikationszentrale in Yorkshire, von Atomwaffenlagern und Atom-U-Booten, Details über das Hochsicherheitszentrum der Regierung in Cheltenham sowie den Bunker in Wiltshire, in dem sich die Regierung im Falle eines Atomkrieges verschanzen würde.
Das erbeutete Material schickte der unbekannte Hacker dann an den schottischen Journalisten Steve Fleming – via Internet-Computernetz, an das weltweit rund 35 Millionen Menschen angeschlossen sind. Ian James, ein führender Datenschutz-Experte, bezeichnete den Fall als „schlimmsten Zusammenbruch der Sicherheit, von dem ich jemals gehört habe“. Niemand weiß, wer außer Fleming das Material noch gesehen hat.
Die Geheimdienste beraten fieberhaft, was jetzt zu tun ist. Die Änderung der Telefonnummern erscheint dabei als eine Kleinigkeit im Vergleich zum Umzug sämtlicher Tarneinrichtungen. Und neue Raketenstützpunkte gibt es ja auch nicht wie Sand am Meer. Ralf Sotscheck
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