■ Vom falschen Umgang der PDS mit ihrer Steuerschuld
: Bäderkur statt Fastenkur

Es gibt viele Möglichkeiten, einer Partei den Garaus zu bereiten, die meisten davon sind hierzulande verboten. Im Gegenteil, die Parteien genießen ein grundgesetzlich verbrieftes Privileg, das sie mit nicht unerheblichen materiellen Vorteilen ausstattet. Einen davon, die Wahlkampfkostenerstattung, soll die PDS nun als Sicherheit hinterlegen. Soweit bedauerlich für die Betroffenen, denen ihr Steuerbescheid anscheinend dermaßen auf den Magen geschlagen ist, daß sie deshalb kollektiv die Nahrung verweigern. Nun ist es jedem Bürger anheimgestellt, auf seine Weise mit dem Finanzamt zu hadern, doch die eklatante Selbsteinschränkung, der Gregor Gysi und die seinen ihre Leibesfülle unterwerfen, deutet auf ein gerüttetes Maß an Unkenntnis des bundesdeutschen Rechtssystems und vor allem der hiesigen Gepflogenheiten beim Umgang mit Steuerschulden hin. Ja, schlimmer noch, die Existenzangst, die der Steuerbescheid hervorrief, läßt auf ein unbewältigtes DDR- Trauma schließen, kann sie doch eigentlich nur in Anbetracht eines politischen Systems keimen, das auf der finanziellen Schiene tatsächlich auch politisch Mißliebige auszuschalteten vermochte. Und so offenbart sich im Hungern weniger das berechtigte Anliegen des Steuerzahlers PDS als vielmehr die Reminiszenz an einen Widerstand, den die Genossinnen und Genossen seinerzeit verabsäumten auszuleben.

Die PDS ist in der vereinten Republik noch nicht angekommen. Wären Gregor Gysis Kontakte zu Edmund Stoiber nur halb so gut wie jene, die Alexander Schalck-Golodkowski seinerzeit zu Franz Josef Strauß gepflegt hat, hätte dieser ihm eine Einführung in die Variantenbreite geben können, mit der Steuerschulden in bayrischen Landen behandelt werden. 8,3 Millionen Mark Ausgleichszahlung für 70 Millionen Mark Steuerschulden wie im Fall Zwick – die Parallele der Summen schreit doch förmlich nach Übertragung auf die Berliner Verhältnisse. Die PDS würde solchermaßen zudem einen Weg beschreiten, auf dem ihr CDU und FDP nur allzu gerne folgen werden. Denn auch sie werden demnächst für ihre Blockflöten die Nachzahlungen zu berappen haben. Und was ist in solchen Fällen fruchtbarer, als auf Gleichbehandlung zu pochen? Die Auseinandersetzungen mit den Finanzbehörden, der Händel mit der Unabhängigen Kommission, all das läßt sich doch im Kreise der Erben der DDR-Parteien viel leichter ertragen. Und gehört nicht, welch unschätzbarer Vorteil, Berlins oberster Steuereintreiber Elmar Pieroth auch dazu. Allein schon diese Umstände könnten die PDS in jener Sicherheit wiegen, die sich landläufig hinter dem Rubrum Gemeinsamkeit der Demokraten verbirgt. Denn wo bewährt sich diese sonst, wenn nicht beim Geben und Nehmen? Dieter Rulff