Sanssouci
: Vorschlag

■ Ganz bläßlich: Cranes und Pale Saints im Loft

Heute schon in der Wanne gelegen, den Kopf unter Wasser und die obskure Tonwelt dort bestaunt? Oder schon richtig mies drauf gewesen und Lust auf mehr? Oder vielleicht noch auf der Suche nach der richtigen Einstimmung auf den heutigen Suizidversuch? Da hätten wir einen Tip für Sie: Ganz wundervoll miese Stimmung verbreiten die Pale Saints. Gegründet 1987 in Leeds, übernahm das damals noch ausschließlich männliche Quartett die Euphorie des C86-Aufbruchs als Karikatur. Möglichst blaß und still sollte man sein, an der Welt verzweifelt, obwohl man sie noch gar nicht gesehen hatte. Sie waren Kinder, großgezogen mit TV und Fertiggerichten, aus den Vorstädten der Industriezentren Englands. Auf ihren Platten gab es kaum ein Hoch und Runter der Stimmung, sondern nur ein „immer tiefer“. Statt dessen Stücke ohne jeden Rhythmus, in denen nur Gitarren an- und wieder abschwellen, während im Hintergrund Sänger Ian Masters wie ein beleidigter Vierjähriger um Schokolade greint. Der hat sich aber verabschiedet, zwei Frauen sind neu hinzugekommen, und plötzlich machen die Pale Saints – im Vergleich zu früher – richtig flotte Popmusik, die nur mehr selten in die übertriebene Nabelschau abrutscht. Macht die Band aber leider auch austauschbarer: Früher einmal waren die Pale Saints interessant, aber nicht zu ertragen. Jetzt sind sie nett anzuhören, aber Dutzendware.

Aber danach endlich können Tbc-kranke Gymnasiasten noch ein wenig bläßlicher werden, fahrig mit den Händen wedeln und die Welt weiter im Wolkenkuckucksheim verschlafen. Dazu werden von den Cranes ein paar Klänge gekleckert, mal hier, mal dort hingetupft und dazu gesäuselt. Mal schwillt was auf, dann wieder ab. Und wenn man nicht eingeschlafen ist, kann man bemerken, daß auch laut und leise variiert wird. Die Geschwister Alison (Gesang) und Jim (Schlagzeug) Shaw sitzen in Portsmouth, gucken sich die Fähren an, die auf die Isle of Wight fahren, werden noch ein wenig melancholischer und streicheln noch ein paar Töne aneinander, daß sie gerade so nicht mehr auseinanderfallen. Und dazu muß man wissen, daß die Cranes zuletzt schon fast verdaulich geworden sind. Auf ersten Veröffentlichungen war die Musik wie Wasser in den Ohren: Man hörte nicht viel, und es drückte. Keine Songs, nur Atmosphäre. Jetzt sind sie zwar immer noch nicht zum Kreischen komisch, aber zumindest Strukturen lassen sich erkennen. Sie werden weiter die Lieblingsband der Kameliendame bleiben – posthum. Thomas Winkler

Am 4. 12. um 20.30 Uhr im Loft, Nollendorfplatz, Schöneberg