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Breiter Korridor zur Währungsunion

■ EU-Finanzminister wollen die zunächst nur vorläufig erweiterten Bandbreiten für Währungsschwankungen im EWS für "normal" erklären / Kapitalschlupfloch Luxemburg nicht gestopft

Berlin/Brüssel (taz/AFP) – Was ist heutzutage schon normal? Als das Europäische Währungssystem (EWS) 1979 gegründet wurde, fanden die Währungshüter es normal, daß die Mitgliedswährungen nicht mehr als 2,25 Prozent gegenüber einander schwankten. Inzwischen sind die europäischen Finanzminister geneigt, Schwankungen von 15 Prozent nach oben und nach unten „normal“ zu finden.

Der streng definierte EWS- Schwankungskorridor war im August 1993 „vorübergehend“ erweitert worden, als erst Lira und Pfund und dann auch der französische Franc schlapp machten. Vorbei war es mit den berechenbaren Wechselkursen. Doch arrangierten sich Politik und Wirtschaft sehr gut damit. Das Europäische Währungsinstitut hatte Anfang Oktober empfohlen, die vorläufigen Regeln einfach beizubehalten.

Auf dem Treffen des EU-Finanzministerrats gestern in Brüssel klang nun durch, daß die Minister noch schnell vor Jahresende genau dies beschließen wollen. Denn der Vertrag von Maastricht über die europäische Wirtschafts- und Währungsunion schreibt vor, daß die Währung eines Mitgliedsstaates zwei Jahre lang innerhalb der „normalen Wechselkursschwankung“ gelegen haben muß, wenn das Land an der Währungsunion teilnehmen will. Nur wenn jetzt der 15prozentige Korridor von der vorläufigen zur endgültigen Regelegung erklärt wird, kann die gemeinsame Währung wie geplant 1997 eingeführt werden.

Mindestens die Hälfte der EU- Staaten müssen dem Maastricht- Vertrag zufolge dafür neben einer stabilen Währung begrenzte Haushaltsdefizite und Inflationsraten aufweisen. Erstmalig wurde das im Vertrag vorgesehene Verfahren zur Überwachung der Haushaltslage in den Mitgliedsstaaten angewandt. Deutschland fiel durch. Finanzminister Waigel machte gestern jedoch ein anderes Problem mehr zu schaffen. Die Deutschen werden weiter ihr Geld außer Landes schaffen können, um der Zinsertragssteuer zu entgehen. Mindestanforderungen für eine EU- einheitliche Kapitalertragssteuer scheitern weiter vor allem an Luxemburg, das am deutschen Geld prächtig verdient.

Auch bei einem weiteren Tagesordnungspunkt bissen sich die Minister fest: bei der Finanzierung der transeuropäischen Verkehrsnetze. Bislang ist nur Geld für drei der mehr als zehn Vorhaben zugesagt, darunter für die Straßen- und Bahnverbindung zwischen Schweden und Dänemark. Die Großvorhaben sind Teil des Weißbuchs über Wachstum und Beschäftigung und sollten eigentlich auf dem bevorstehenden Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs in Essen lanciert werden. lieb

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