Appetit auf das Sahnestück an der Alster

■ Wellingsbüttel: Große Koalition will das Gelände des Hansa-Kollegs verkaufen

Wo gibt es heute noch sowas: hochmotivierte Schüler, LehrerInnen, die ihre Schüler schätzen und Schulgebäude, die von Vandalismus und Graffiti verschont geblieben sind? Hansa-Kolleg heißt dieser auch landschaftlich idyllische Lernort in Wellingsbüttel. Zu schön um wahr zu sein, scheint sich eine große Koalition aus Senat und CDU-Bürgerschaftsfraktion zu denken. Die Schulbehörde prüft, und die Abgeordneten Knipper, Mack, Mertens, Weber und Engels beantragen, das Kolleg zu verlegen und das Gelände samt der zum Teil unter Denkmalschutz stehenden Gebäude zu verkaufen.

Im Frühjahr war zunächst die Schließung der Schule im Gespräch. Mit dem Entschluß, die einzige Einrichtung in Hamburg zu erhalten, an der Erwachsenen in einem dreijährigen Vollzeitlehrgang das Abitur erwerben können, war die Bedrohung für das Hansa-Kolleg in seiner jetzigen Form aber noch nicht abgewendet. Wellingsbüttel ist ein teures Viertel und ein Grundstück von dieser Größe – immerhin 62.000 Quadratmeter – könnte einen „namhaften Millionenbetrag“ erlösen, vermutet Klaus Hopp, Leiter des Planungsreferats der Schulbehörde. Und auch Ingeborg Knipper von der CDU weiß nicht: „warum der Staat so eine kostbare Immobilie besitzen muß“.

Der Verkauf des Grundstücks könnte allerdings daran scheitern, daß nur etwa 10.000 Quadratmeter des Grundstücks von den Auflagen des Denkmal- und Naturschutzes –das Gelände liegt unmittelbar am Alsterlauf – ausgenommen sind. Und diese Fläche ist nahezu vollständig mit Schulgebäuden bebaut. „Wir sehen die Millionen nicht, die da erlöst werden sollen“, meldet der stellvertretende Kollegleiter Werner Pantel Zweifel an den Behördenplänen an. Auch in der Schulbehörde weiß man noch nicht, wieviel Geld der Verkauf einbringen könnte. Zur Zeit suche die Liegenschaftsverwaltung „potente Interessenten“, so Hopp.

Am meisten Sorgen bereitet den KollegiatInnen jedoch, daß den Verkaufs-Plänen auch das zum Kolleg gehörende Wohnheim zum Opfer fallen soll. Ein gutes Drittel der 190 erwachsenen SchülerInnen, die überwiegend von 755 Mark Schüler-Bafög leben, wohnt bisher preiswert direkt auf dem Schulgelände. „Auf dem freien Wohnungsmarkt finden wir keine Zimmer, die wir von Bafög bezahlen können“, gibt Ersan Selici vom Koordinierungs-Ausschuß der KollegiatInnen zu bedenken. Und Sandra Brünsch, Schülerin im Eingangsjahr, fragt: „Glaubt der Senat wirklich, daß es billiger wird, wenn wir dann alle Wohngeld beantragen?“. Zumindest den Haushalt der Schulbehörde würde das nicht belasten, und „Behörden denken nun mal in Haushalten“, faßt Planungsreferent Hopp die amtliche Logik zusammen. Im ersten Quartal des neuen Jahres soll die Entscheidung fallen, auch „wenn wir wohl keinen Standort finden, bei dem es auch ein Wohnheim geben wird“, so Hopp.

Iris Schneider