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StandbildÜberdreht

■ "Deutschländer"

„Deutschländer“, Montag, 0.10 Uhr, ZDF

Achmed, Erdugan, Hussen, Jasar, Markus und Sedar sind Deutsche. Sie sehen nicht so aus, denn jeweils ein Elternteil ist türkisch oder libanesisch. Sie sind junge „Deutschländer“, und, so der Titel der ZDF-Reihe, sie „wissen nicht, was sie tun soll'n“.

Also hängen sie rum und reden viel. Hauptsächlich mit der Filmemacherin Irena Hoppe. Die Präsenz der Kamera macht die Jungen aufgedreht. Ihr Gebaren und ihre Sprüche haben fast immer demonstrativen Charakter. Wie sie sich verhalten, wenn die Kamera nicht dabei ist, können wir nur erahnen.

Daß wir die sechs kaum einzeln erleben und daß wir nie ihre Umgebung zu sehen bekommen, mag ein bewußt eingesetztes Stilmittel der Filmemacherin sein. Aber so wirkt es suggestiv, wenn wenn wir die Kids vor dem Fernseher sitzen sehen, weil das Gerät in Ermangelung anderer Indizien für Privatheit zum Ersatz der nicht gezeigten Umwelt wird. Erst schauen die Kids ein (scheinbar brutales) Wrestling- Video, in dem ein langhaariger Schläger einen Sumoringer vermöbelt. Anschließend — so will es der Schnitt — spielen sie dieses Verhaltensmodell direkt nach. Wobei der Film gezielt den Eindruck vermittelt, als hätten sie nichts anderes zu tun, als in die Videothek zu laufen und sich mit Videospielen und Filmen zu brutalisieren: Reaktionäre Pädagogen wie Werner Glogauer („Kriminalisierung der Kinder und Jugendlichen durch Video“) werden sich bedanken.

Beim Blinde-Kuh-Spiel ist derjenige mit den verbundenen Augen „der Nazi“, und die anderen sind „die Ausländer“. Das Spiel ist gewiß symbolisch überformt. Aber es bleibt trotz allem ein Kinderspiel und geht nicht fließend in Ernst über, wie es der Film andeutet: Keine Gelegenheit läßt Hoppe aus, um uns zu zeigen, wie diese Kids mit Messern und Pistolen herumfuchteln. Mit ihrer perspektivischen Verengung suggeriert sie, daß hier eine ideologische Aufrüstung geschieht. Zum Mitschreiben werden signifikante Sätze per Inserts eingeblendet.

Der Film erweckt den Eindruck, als würden diese Kids nicht beobachtet, sondern observiert. Es geht der Autorin offenbar weniger darum, herauszufinden, was in den „Deutschländern“ tatsächlich vorgeht. Statt dessen erscheinen sie wie Probanden in einem Versuch, bei dem man nicht so genau weiß, was er eigentlich demonstrieren will. Manfred Riepe

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