Frankreichs Shooting-Star ist pleite

■ Das Handelsgericht erklärt Bernard Tapie für bankrott / Verbot öffentlicher Ämter / Aber Tapie will weitermachen

Paris (taz) – Politisch war Bernard Tapie bis zuletzt unschlagbar, jetzt ist die französische Justiz dabei, ihn aus dem Gefecht zu ziehen: Am Mittwoch abend erklärte das Pariser Handelsgericht ihn für bankrott. Der 51jährige und seine Gattin Dominique seien persönlich zahlungsunfähig und mit ihren verbliebenen Aktivposten nicht in der Lage, ihre Schulden von rund 1,6 Milliarden Francs (zirka 480 Millionen Mark) bei Privatunternehmen und dem Finanzamt zu begleichen. Mit der Bankrotterklärung verbunden ist ein Entzug aller öffentlichen Ämter für fünf Jahre. Sollte Tapies Widerspruch erfolglos bleiben, werden in den nächsten Wochen je ein Sitz in der französischen Nationalversammlung und einer im Europaparlament frei. Auch für das Rathaus in Marseille und den Präsidentenpalast darf Tapie nicht kandidieren.

Hauptgläubigerin ist Tapies einstige Hausbank „Crédit Lyonnais“, bei der er mit rund 1,3 Milliarden Francs in der Kreide steht. Mindestens eine Milliarde Francs wird die Bank nie wiedersehen. Selbst die Versteigerung von Tapies Pariser Stadtresidenz, die „Crédit Lyonnais“ ursprünglich für gestern angesetzt hatte, mußte ausgesetzt werden – über die vornehme Vierzig-Zimmer-Residenz verfügt jetzt der Staat.

Die wirtschaftliche Karriere des Arbeitersohns Tapie hatte in den siebziger Jahren begonnen. Damals kaufte er marode Unternehmen auf, um sie nach kurzer Radikalsanierung meistbietend weiterzuverkaufen. Mitte der achtziger Jahre gönnte sich der Fußballfreund Tapie einen eigenen Club. Auf dem Hintergrund seiner wirtschaftlichen Erfolge und der seines Fußballclubs „Olympique Marseille“ wagte er Ende der achtziger Jahre den Einstieg in die Politik.

Sein Aufstieg war rasant: Mit Unterstützung der Sozialistischen Partei und später der persönlichen Protektion durch Staatspräsident François Mitterrand erklomm der parteilose Tapie alle Ebenen der Macht: Vom Regionalrat über den Generalrat bis hin ins Parlament. 1989, auf der Spitze seiner Karriere, machten die Sozialisten ihn zum Städteminister – für 52 Tage. Nach einem juristischen Streit mit einem einstigen Geschäftspartner mußte er zurücktreten. Seither ist Tapies Kalender mit allen möglichen Gerichtsterminen prall gefüllt: Steuerbetrug, Urkundenfälschung, Zeugenbeeinflussung, Korruption, Veruntreuung.

Trotzdem: Tapies Popularität ist ungebrochen. Der bullige, stets lächelnde Mann, der unter anderem das Verbot der Arbeitslosigkeit fordert, ist ein Held der Jugendlichen in den Vorstädten. Und bei den Europawahlen im Juni gewann Tapies „Radikale“ Partei zwölf Prozent der Stimmen.

Tapie sieht sich als nun als Opfer eines Komplotts und legte noch am Mittwoch abend gegen die Bankrotterklärung Berufung ein. Ob dadurch seine Amtsenthebungen aufgeschoben sind, muß gerichtlich geklärt werden. Noch am Abend vor dem Gerichtsurteil hatte sich Tapie in einem Fernsehinterview für eine „gemeinsame Kandidatur der Linken für die Präsidentschaft“ ausgesprochen. Er will sich nicht geschlagen geben. „Der Kampf geht weiter“, erklärte Tapie – ganz der alte. Dorothea Hahn

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