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Hessen muß Autobahn nach Thüringen bauen

■ Bundeswegeplan erzwingt die A 44

Frankfurt/Main (taz) – „Ich war es nicht. Es war Mabuse. Er benutzte mein Gehirn.“ So ähnlich könnte die Haltung der rot-grünen Landesregierung in Hessen in Sachen Bau der Autobahn 44 (A 44) von Kassel nach Eisenach umschrieben werden. SPD und Bündnisgrüne wollten diese Autobahn durch das schöne Lossatal in Nordhessen nicht haben. Doch die Bundesregierung zwang die Landesregierung mit dem Bundesverkehrswegeplan zum Autobahnbau.

Bundesrecht bricht Landesrecht. Und der hessische Wirtschaftsminister Lothar Klemm (SPD) dachte sich – gegen seinen erklärten Willen – eine Trassenführung für die A 44 aus, die auf einer Abwägung der Kriterien „Verkehrswert, technische Machbarkeit, Umweltfolgen und vor allem Be- und Entlastung der Anliegergemeinden“ basiere.

Noch vor knapp zwei Jahren hatten die Bündnisgrünen in Hessen den vom damaligen Bundesverkehrsminister und Günther Krause (CDU) vorgelegten Bundesverkehrswegeplan als „Beitrag zum ökologischen Kollaps der Region“ bezeichnet. Schon im Koalitionsvertrag von 1991 verständigten sich SPD und Bündnisgrüne darauf, allenfalls einen dreispurigen Ausbau der bereits vorhandenen Bundesstraße 7 (B 7) zuzulassen. Immerhin stauten sich nach der Grenzöffnung täglich die Autos auf der einst unbedeutenden Bundesstraße, die vor dem Fall des Eisernen Vorhangs als „Sackgasse“ an der Grenze zur DDR endete. Doch Krause spuckte den Koalitionären in Wiesbaden mit dem Bundesverkehrswegeplan in die Suppe: Die A 44 sollte die Schnellverbindung zwischen Nordhessen und Thüringen werden. Historische Pikanterie: Die rund 60 Kilometer lange Trasse war schon bei Hitlers Straßenbauern fest eingeplant.

Ministerpräsident Hans Eichel (SPD) hat der Bundesregierung immerhin die Zusage für einen Zuschuß von exakt 300 Millionen Mark für eine Eisenbahntrasse Kassel–Bebra zur Schließung der Schienenverbindung Ruhrgebiet– Nordhessen–Thüringen–Sachsen abringen können. Kritiker zweifeln, ob das Geld je überwiesen wird. In Wiesbaden fiel in dieser Woche der Startschuß für den Autobahnbau, ohne daß die 300 Millionen auf dem Konto der Landesbank eingegangen sind. Klaus-Peter Klingelschmitt

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