: Das Gewissen schlug zu
■ Schwedischer Kaufhauskonzern nimmt Kriegsspielzeug aus den Regalen
Stockholm (taz) – Zwei Tage vor Weihnachten schlug den Managern das Gewissen: Alles Gewalt- und Kriegsspielzeug soll aus den Kaufhausregalen verschwinden. Pistolen, Gewehre, Panzer werden in Zukunft bei „Ahléns“, der führenden schwedischen Kaufhauskette, nicht mehr im Angebot sein. Keine Eintagsfliege, sondern eine neue Verkaufspolitik sei das: Man wolle im gesamten Sortiment Abstand nehmen von Gewalt, Frauendiskriminierung und Fremdenfeindlichkeit. So der stolze Beschluß der Geschäftsleitung.
Sicher nur Zufall, daß die Konzernchefs auf solch gute Gedanken erst kamen, als das Weihnachtsgeschäft bereits gelaufen war und nur noch einige Ladenhüter in den Regalen lagen. Man sei eben auch erst im Rahmen der gerade in Schweden laufenden Gewaltdiskussion „schlauer“ geworden. Schweden und Norwegen wurden in letzter Zeit von einer Kette jugendlicher Gewalttätigkeiten heimgesucht, die bisher dort unbekannt war und zu einer intensiven Debatte über mögliche Gründe geführt hat. So wurde in den vergleichsweise harmlosen TV-Programmen aufgeräumt. Erstes Opfer: die Disney- Serie „Darkwing-Duck“.
Tatsächlich waren gestern die Feuerwaffen bei Ahléns verschwunden. Nicht aufgeräumt worden war aber bei den oft superbrutalen Computerspielen und der imposanten Reihe kampfbereiter Monster und Weltraumkrieger. „Wir wissen nicht genau, wo wir die Grenze ziehen sollen“, so eine unsichere Abteilungsleiterin: „Sollen wir jetzt auch die Weltraumkampfschiffe von Lego herausnehmen und in den Donald-Duck- Heften die Darkwing-Duck-Seiten rausreißen?“ In der Buchabteilung liegt ein neu erschienenes Taschenbuch aus der Reihe „Elternratgeber“ vor. Titel: „Kinder brauchen Pistolen“. Bis zur Bescherung können jetzt schwedische Familien darüber grübeln, ob der schon in Geschenkpapier eingepackte Revolver besser unterm Weihnachtsbaum oder im Mülleimer landet. Reinhard Wolff
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen