■ Filmstarts à la carte: Permanent Vacation? Um Gottes willen!
Bestimmt erinnern Sie sich an die Stelle, wo Tom Waits sich in „Down by law“ mit seiner Süßen streitet, weil sie ihn für einen Versager hält und dringend der Meinung ist, alle seine Plünnen, Utensilien und Habseligkeiten auf die selbstverständlich regennasse Straße werfen zu müssen. Gesagt, getan. Er sagt nichts, als seine Platten durchs Fenster fliegen, er sagt auch nichts, als sie seine Hemden knüllt, fetzt und wirft, und er sagt immer noch nichts, als das alte Radio an ihm vorbeisegelt. Aber als sie nach seinen Schuhen greift, den frisch gewachsten mit dem Entenschnabel, shiny leather shoes, da ruft er „Not that shoes!“, Angst und wirkliche Verzweiflung in der Stimme. „Not that shoes!“ (Englischlehrer schweigt schön still. Ein Plural ist ein Plural ist ein Plural). In Jonny Suede, einem Film des Jarmusch-Schülers Tom diCillo (er war der Kameramann bei „Permanent Vacation“), findet ein Bursche mit Teddy-Boy- Haartolle auf dem Dach der Telefonzelle, in der er gerade gestanden und einen Anruf nach Nowhere zu plazieren versucht hat (R-Gespräch, versteht sich), ein Paar wunderfeiner Wildlederschuhe. Er nennt sich „Jonny Suede“. Er ist ein armer Junge, der mitunter seine Guitarre versetzen muß und einen weiten Weg von zu Hause weg ist. In New York hingegen trifft er Darlette, Yvonne und einen perfect stranger mit den sagenhaftesten Unterlagen, die man sich vorstellen mecht'. Und so geht es, drunter und drüber, aber mit einem Geschmack von Cool, den heutzutage kaum jemand besser kann als Brad Pitt, den Sie gleichzeitig in mehreren Lichtspielhäusern der Stadt als Nachwuchs-Vampir betrachten können.
„Ich glaube, ich hatte ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern. Sie haben mich nur selten geschlagen...“, sagt Woody Allen in Bananas. „Tatsächlich haben sie mich während meiner ganzen Kindheit nur einmal geschlagen. Am 23. Dezember 1942 haben sie angefangen mich zu prügeln, und Ende Frühling 44 haben sie damit aufgehört.“ Oder folgender Dialog mit der Angebeteten:
Nancy: „Kennen Sie das I Ging?
Fielding: „Nein, das eigentliche Ging nicht, aber ich hab mich ein bißchen mit Kirkegaard befaßt.“
Nancy: „Natürlich, er ist ja Däne.“
Fielding: „Das würde er auch sofort zugeben.“
Nancy: „Ja, ja. Ich hab nämlich gerade zu... waren Sie schon mal in Dänemark?“
Fielding: „Ja, ich war... ja, im Vatikan.“
Nancy: „Oh, im Vatikan. Der Vatikan ist in Rom.“
Fielding: „Na ja, in Rom ist er so gut gelaufen, daß sie in Dänemark auch einen eröffnet haben.“
Und so weiter. Das waren ja nun wohl mindestens zwei gute Gründe, „Bananas“ zu wählen.
Aus einem mir nicht ganz verständlichen Grund liebt man speziell in Berlin Billy Wilder und vor allem seine Komödie Eins zwei drei; es hat auch noch niemanden beeindruckt, wenn ich auf den Spruch vom „Sitzen machen“ Ohrfeigen oder andere Sanktionen angeboten habe. Jedenfalls hat sich das Acud-Kino entschlossen, eine umfangreiche Retrospektive von Wilders Komödien zu starten, die bis in den Februar hinüberlappen soll. Neben „Eins zwei drei“, der Ost-West-Burleske mit dem Cold-War-Flair, ist natürlich Manche mögen's heiß oder Das Apartment dabei, der ja jedes Jahr zur Weihnachtszeit zu sehen ist. Daß Manche mögen's heiß inzwischen in den „Gender Studies“-Seminaren als Paradebeispiel für Cross-Dressing reüssiert hat, wird wohl niemanden überraschen. Für's nächste Jahr wünschen wir allen Menschen, ob blond, ob braun, ob schwarz („be they white, be it black“ heißt es in Woody Allens Sleeper) ein wunderschönes Weihnachtsfest. mn
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