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Beckstein bleibt hart

■ Bayerns Innenministerium will erneut einen Kurden abschieben

Nürnberg (taz) – Von Protesten und Rücktrittsforderungen läßt sich der Bayerische Innenminister Günther Beckstein nicht beeindrucken. Nach der Abschiebung des Kurden Talip Dogan in die Türkei, will das Innenministerium nun die Abschiebung des Kurden Fabriz Simsek und seiner Familie forcieren – ungeachtet des vom Bundesinnenminister Manfred Kanther bis zum 20. Januar verfügten Abschiebestopps. Ausnahmen gelten dabei nur für Straftäter. Doch ein gegen Simsek laufendes Verfahren wegen der Beteiligung an den von der PKK initiierten Auseinandersetzungen mit Polizisten im Frühjahr 1994 in Augsburg wurde von der Staatsanwaltschaft eingestellt.

„Ein Straftäter nach dem Sinne des Ausländergesetzes ist man nicht erst mit Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung“, begründet Christoph Hillenbrand, Pressesprecher des bayerischen Innenministeriums, den erneuten Alleingang des Freistaats. Immerhin will die christlich-soziale Staatsregierung dem in Abschiebehaft einsitzenden Kurden nicht die „Neujahrsruhe“ nehmen. Erst im neuen Jahr werde man ernsthaft an eine Abschiebung denken.

Für das bayerische Innenministerium genügt ein „objektiver Tatbestand“, um das Abschiebekriterium des „Straftäters“ als erfüllt zu betrachten. Außerdem sei im Fall Simsek das Strafverfahren von der Staatsanwaltschaft „im Hinblick auf die bevorstehende Abschiebung“ eingestellt worden. Asyl- und Nachfolgeantrag seien vom Bundesamt für die Anerkennung von Flüchtlingen abgelehnt worden. Das Verwaltungsgericht Ansbach habe zudem befunden, daß Simsek in der Türkei nicht von Folter bedroht sei.

Dem widerspricht amnesty international. Bereits vor seiner Flucht nach Deutschland war Simsek in der Türkei gefoltert worden. Bei einer Rückkehr in die Türkei müsse er allein aufgrund seiner Beteiligung an der PKK-Aktion in Augsburg mit erneuter Folter und Inhaftierung rechnen. „Ob jemand gefährdet ist, entscheiden nicht die taz, nicht der bayerische Flüchtlingsrat, amnesty oder die Grünen, sondern allein das Gericht“, betont Hillenbrand und verweist darauf, daß Dogan nach seiner Rückkehr in die Türkei auch auf freiem Fuß geblieben sei.

Inzwischen liegt im Fall Simsek eine offizielle Petition vor. Ob das Innenministerium zumindest die Beratungen des Petitionsausschusses abwartet, darauf wollte sich Hillenbrand nicht festlegen. Der Ausschuß tritt frühestens am 1. Februar wieder zusammen. Innenminister Beckstein will auf dieser Sitzung grundsätzlich auf die Abschiebung von Kurden in die Türkei eingehen. Bernd Siegler

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