: Fehlgeschlagene Hoffnungen
Bericht aus einer Folterkammer für den Herrn von Welt ■ Von Gabriele Goettle
Gestern besuchte mich ein alter Bekannter. Er ist leitender Bibliothekar an einer kleinen Universität und praktizierender Masochist. Fünf Jahre hatten wir uns nicht gesehen, nun saß er mir gegenüber, schlank, etwas ergraut, elegant gekleidet und noch monomanischer als früher.
„...unvermeidlich, Weihnachten muß ich nach Berlin kommen und mit Mutter feiern, Gott sei Dank, möchte ich fast sagen, hat sie nun Gicht, damit ist das Plätzchenbacken und Gänsebraten unmöglich geworden, ich laß uns ein paar Kleinigkeiten von ,Nöthling‘ kommen, und dann machen wir es uns gemütlich. Das nur nebenbei. Wie ich schon am Telefon sagte, ich habe eine Geschichte für dich, die ist ganz nach deinem Herzen, aber wirst du dich noch etwas gedulden können? Ich erzähl nur schnell noch ein bißchen von meiner Wenigkeit, ist das erlaubt?
Gut also, es geht mir wirklich nicht besonders, seit ich diese merkwürdige Aufschrift gelesen habe... Schlüsselszene: ,gut parken, preiswert einkaufen, schnell besitzen!‘ Das las ich unterwegs beim Vorbeifahren an einem Einkaufszentrum. SCHNELL BESITZEN... mich, mich! Widerliche Gier empfinde ich seitdem. Und seit heute morgen nach dem Aufstehen fühlte ich mich wie Gregor Samsa, habe mich in ein Kriechtier verwandelt. Bin eine Schnecke, die auf ihrer Schleimspur versucht, unter irgendeinen Absatz zu gleiten, um gründlich zertreten zu werden. Merkt man mir das an?
Siehst du, das ist mein Drama. Ich bin zu allem bereit, freiwillig – kann ja gar nicht anders, wenn niemand kommt, keiner mich niederwirft, um mich zu besitzen... An sich gäbe es ja genug Frauen, die dazu in der Lage wären, rein physisch, die es aber gar nicht wissen, weil sie in diese Richtung überhaupt nicht denken – und ich werde es ihnen natürlich auch nicht sagen...
Weißt du, der Masochist sucht eigentlich sein Leben lang nach der idealen Domina. Aber ich habe kaum Glück, auch im Privatleben nicht. Die Frau, mit der ich längere Zeit zusammengelebt habe, hat mich verlassen. Das war vorauszusehen, für uns beide, denke ich mal. Man hätte sich gar nicht erst darauf einlassen dürfen. Ich kann kein Sexualleben führen in einem Bett, in dem ich auch schlafe, und schon gar nicht mit einer Frau, mit der ich Tag für Tag zusammenlebe. Knebel, Fessel und Peitsche passen nicht zum Kochen und Staubsaugen.
Dann habe ich vor einem Vierteljahr eine ältere Zahnärztin kennengelernt durch Zufall. Anfangs dachte ich, es gibt da vielleicht eine natürliche... eine deformation professionnel... Aber ich merke sofort, wenn jemand weich wird! Sie wollte nur lieb zu mir sein. Gräßlich! Hätte ich doch einmal nur in meinem Leben, ein einziges Mal nur, einen Menschen getroffen, der eiskalt und erbarmungslos ist, zu mir ganz persönlich! Alle beschweren sich über Lieblosigkeit und zwischenmenschliche Kälte, mir fehlen sie. Du bist amüsiert, verständlicherweise, aber die Sache ist für mich ernst. Oft kommt es mir vor, als würde ich ein vollkommen unbegreifliches Leben führen, zwischen Büchern und Begierden, inmitten einer fiktiven Gesellschaft, die sich in vollkommen anderen Transformationsprozessen bewegt als ich... Andererseits bin ich mir da gar nicht mehr so sicher, wirklich, wenn ich es mir recht überlege, gibt es Anzeichen... seit einiger Zeit bekommt man nicht mehr so einfach einen Termin, die Studios sind richtiggehend überlaufen, eine Domina sagte mir neulich: ,Vor zwei, drei Jahren war es hier wie leergefegt wegen der Aids-Angst. Das hat total nachgelassen, Urintrinker und Kotfresser sind vollkommen unbesorgt, sogar die Blutleute scheren sich um nichts. Außerdem haben wir hier heute eine Menge Freier, die früher noch ganz auf Normal standen.‘
Schmerz ist ,in‘. Damals waren wir eine geheimnisumwitterte kleine Schar, heute gibt es so was wie einen Freizeit-Sadomasochismus... Ist doch merkwürdig, ich dachte immer, wenn das soziale Klima eisiger wird, dann ziehn sich die Leute mehr zurück in ihr warmes Nest, in die Kuschelecke. Aber das Gegenteil ist der Fall, sie kommen raus und stürzen sich, an Gummiseilen befestigt, in schwindelerregende Tiefen, Extrembergsteiger und Skifahrer in hellen Scharen, die Jugend verbringt ihre Wochenenden mit Marathontanz in der Technodisko. Oder geh mal in eine ganz normale Sauna, da kannst du brave Beamte sehen, die sich einen Ring aus Chirurgenstahl durch die Eichel haben ziehen lassen usf.
Also es gibt viele Sachen, da hätte selbst ich Probleme... man bekommt ja allmählich Angst... ein Kollege redete neulich vom ,Tod der Sinnlichkeit‘... ich weiß nicht... jedenfalls ist dieses seltsame kollektive Konditionstraining für den Härtefall irgendwie irritierend. Klarerweise verschieben sich die Maßstäbe auch für mich. Massivere Methoden sind angesagt. Meine langjährige Domina, sie ist jetzt fast 55, wird immer schlapper. Sie war nie so gut, um mich aus der Fassung bringen zu können, und nie so schlecht, daß ich frustriert hätte nach Hause gehen müssen, aber ich glaube, ich muß sie jetzt aufgeben.
Vor einiger Zeit war ich geschäftlich in H., und dort suchte ich eine Russin auf, die man mir empfohlen hatte. Das war ein solcher Kontrast, unbeschreiblich. Alles war absolut korrekt, obwohl sie mich ja nicht kannte und die Verständigung etwas schwierig war – das Szenario muß ja in etwa vorher vereinbart werden. Es ist schon wichtig, daß die Domina einem, der sich die Hoden annageln lassen will, nicht die Windelhöschen bringt, so was macht die ganze Stimmung kaputt. Von diesem Punkt aus kann ich jetzt sehr schön überleiten zu der versprochenen Geschichte – ich habe schon viel zuviel über mich gesprochen.
Also, die Sache ist ausgesprochen merkwürdig: Vor kurzem mußte ich für eine Woche nach (...). Gleich vom Flugplatz aus rief ich meine frühere Domina an. Erst wollte man mich abwimmeln, dann kam sie aber doch selbst an den Apparat. Ihre Laune wurde schlagartig besser, als ich versicherte, nicht als Kunde anzurufen, nur zufällig in der Stadt sei und nur wissen wolle, wie's ihr so ergangen sei all die Jahre. Wir verabredeten uns zum Essen. Als ich sie dann sah, habe ich sie kaum wiedererkannt. Anfangs war sie sehr distanziert, mit der Zeit aber passierte etwas, das ganz und gar außergewöhnlich ist zwischen Herrin und Sklave – denn dieses Verhältnis ist ja geprägt durch seine Determiniertheit. Sie verfluchte ihren Beruf, ihre Kunden, sich, mich, das Essen... Ich war richtig erschüttert. Sie steckt tief in einer Krise. Das Problem ist offenbar schon älter, hat sich aber dann in dem Maße verschärft, wie sie eine der Top- Frauen in diesem Gewerbe wurde. Mit einigen wenigen Stammkunden verdiene sie derart viel Geld in einem Monat wie früher, vielleicht, nicht mal in einem Jahr. Diese Kunden, allesamt Prominente aus dem Wirtschafts- und Kulturbereich, üben natürlich durch das Gewicht ihrer Machtposition einen besonderen Druck aus, beziehungsweise er wirkt sich besonders nachhaltig aus. Im Studio soll ja ganz schnell die Herrschaftsfrage geklärt werden, und zwar zuungunsten des vorgeblichen Sklaven.
Nur, schon die Höhe der Bezahlung dafür ist eigentlich bereits ein Hohn, denn solche Personen können kein Äquivalent geben, es ist jede Summe immer zugleich zu niedrig oder zu hoch. Wenn du bedenkst, daß ihr Hauptkunde 10.000 Mark im Monat an sie bezahlt, keine Frage, wer der Auftraggeber ist. Daß er leidet, wie er leidet und woran, das bestimmt er ganz alleine und selbst, wie übrigens ja jeder Freier. Die Domina ist ,nur‘ ausführendes Organ, ihre Kontrolle steht unter seiner Kontrolle. Und es gibt wohl keinen größeren Pedanten als einen Masochisten. Dieser ewige Zwang, sich als Schlappschwanz und Feigling zu präsentieren, fertiggemacht zu werden, hilflos erscheinen zu wollen, korrespondiert ja eifrig mit dem Terror der minuziösen Beobachtung der Herrin, ob sie wohl alles richtig macht...
Ich habe mich gleich wiedererkannt. Sie sagte, daß sie sich richtiggehend ekelt, immer wieder auf die gerade verblassenden Striemen zu schlagen, ständig alte Narben aufzuschneiden, Knoten zu binden. Die Peinigung des Masochisten ist eine reine Sisyphusarbeit, unstillbar ist das Verlangen nach der Qual, nichtendenwollend die Arbeit des Zufügens. Das ist ein stereotyp sich wiederholendes Ritual, vollkommen sinnlos, die Obsession hat etwas von einem schwarzen Loch, in dessen grauenhaftem Sog alles verschwindet, Materie, Raum, Zeit, Sklave, Domina. Was sie richtiggehend deprimiert, ist, daß der Masochist in der Regel genau am toten Punkt ejakuliert, überhaupt nur da zum Höhepunkt gelangt, wenn überhaupt. Ihn dahin zu bringen ist der Gegenstand des Vertrages. Nur kann man schwere Mißhandlung und gefährliche Körperverletzung beim besten Willen nicht eine anerkannte gesellschaftliche Arbeit nennen.
Die Arme hat mit ethischen Gegenmotiven zu kämpfen. Es kann keine Rückverwandlung stattfinden für den, der den Part des Unversöhnlichen hat. ,Einsamkeit ist Tyrannenschicksal‘, sagte sie und lachte ein bißchen. Dann fragte sie mich, ob mir nun eine Welt zusammengebrochen sei. Ich konnte sie beruhigen. Um sie ein wenig auf den Geschmack der Selbstironie zu bringen, riet ich, sich der selten köstlichen Gelegenheit, Promimente dieses Kalibers zu malträtieren, doch einfach zu erfreuen. Nicht wenige Leute wären wahrscheinlich bereit, diese noblen Ärsche mit Schlägen zu traktieren, die weit über das gewünschte Maß hinausgehen. Man müßte die Situation als Privileg nehmen... Aber, das wissen wir natürlich alle, hier geht es ausschließlich um Reproduktion; was die Herren Phönixe dann auch unmittelbar danach unter Beweis stellen.
Sie lud mich für den nächsten Abend in ihr Studio ein, natürlich nicht zur Benutzung, ich sollte es besichtigen. Das war wohl irgendeine verrückte Geste der Dankbarkeit für die Seelenmassage, denke ich. Am folgenden Abend ließ ich mich zur angegebenen Adresse hinfahren, zu einem unauffälligen eleganten Altbau, in dem vor allem Rechtsanwaltskanzleien, Arztpraxen und sonstige Büros sind. Sie residiert ganz oben in einer anscheinend speziell für sie ausgebauten Dachetage. Man kann diskret mit dem Fahrstuhl einschweben. Es ist so wahrscheinlich idealer als irgendeine Adresse draußen am Stadtrand. Sie öffnete selbst, sah ganz jung aus mit der Perücke, in Jeans und schwarzem Rollkragenpullover. Sie war allein und führte mich herum. Ich mußte zugeben, noch nie ein derart perfektes Ambiente gesehen zu haben. Das, was den Ästheten sonst immer so stört, daß die Szenerie lieblos zusammengeschustert ist, war hier nicht mal bei genauer Betrachtung der Details zu finden.
Die Gefängniszelle hatte die bekannte Klappritsche und eine schwere Tür mit Guckloch. Den gynäkologischen Untersuchungsraum könnte man wahrscheinlich so, wie er ist, als Gebärklinik nach Afrika schaffen, ganz zu schweigen von dem provisorischen Operationssaal. Die Folterkammer war liebevoll ausgestattet, es überkam mich richtiggehend Wehmut bei diesem Anblick. Es gab noch mehrere andere Räume für verschiedene Zwecke, darunter auch eine Art Backstube mit gemauertem Backofen, schwarzweiß gekacheltem Boden, bemehltem Holztisch und Brotregal. Das ist speziell für einen Kunden mit ,Hänsel-und- Gretel-Phantasie‘, allerdings landet er im heißen Ofen. Aber das ist noch gar nichts.
Ganz zuletzt führte sie mich in einen fensterlosen Raum. Die Ausstattung war verblüffend. An den Wänden aus unverputzten Hohlblocksteinen war das RAF- Zeichen mit dem Maschinengewehr aufgesprüht, anscheinend mittels Schablone. Und daneben stand in Kleinbuchstaben: ,wo gewalt ist, ist widerstand. wo mehr gewalt ist, ist mehr widerstand, die letzten werden die ersten sein.‘ Auf dem Boden ein Matratzenlager, am Kopfende ein Che-Guevara-Plakat. Es hat mir richtig einen Stich versetzt, war so, als würde man plötzlich einen alten Bekannten treffen, den man vollkommen aus dem Gedächtnis gestrichen hat. Die ganze Szenerie wurde von einer auf dem Boden stehenden alten Nachttischlampe beleuchtet.
Meine schöne Herrin führte mich mit geheimnisvoller Miene hinter einen Paravent und zeigte wortlos auf einen wunderschönen Mumiensarg. Dann sagte sie lakonisch: ,Es ist eine Nachbildung, denn der X ist zu dick für das Original.‘ Sie hat mir den Namen genannt (...) und gesagt: ,Und weißt du was? Dieses Superarschloch macht mich am meisten fertig.‘ Wehe, du... du lachst! Und was soll das Ganze? Sie ist 45 und weiß eine Menge über die RAF, aber er war im Deutschen Herbst damals gerade mal ein pubertierender Knabe. Sie schob den Deckel mit dem Pharaonenleib etwas zur Seite, griff tief hinein, zog einen gewaltigen Ochsenziemer heraus, ließ ihn einmal durch die Luft sausen und hielt ihn mir dann unter die Nase mit der Aufforderung: ,Riech! Das ist der luftgetrocknete Penis eines Stieres. Er hat den Hautgout von Sex und Tod. So was bekommst du in jedem Tierfuttergeschäft.‘ Der letzte Satz hat mich dann wieder etwas abgekühlt, aber, ehrlich gesagt, ich mußte mich ziemlich zusammennehmen, um sachlich bis leicht belustigt zu wirken. Daß ich das tat, das war mein Glück, denn ich bin sicher, bitten und betteln hätte sie nie erweicht. So aber, nach einer kurzen Musterung, schlug sie mir vor, falls mich die Sache interessiere, könne sie an mir das ganze Exklusivprogramm des Herrn X demonstrieren. ,Nimm es als Weihnachtsgeschenk‘, sagte sie und stieß mich hinterrücks auf die Matratze, kniete sich auf meinen Rücken, legte mir Handschellen an und ließ mich allein. Als sie wiederkam, trug sie eine schwarze Gesichtsmaske mit Sehschlitzen und einen Revolver in der Hand. Dann, auf- und abgehend, redete sie sich in Rage, ich versuche dir das möglichst getreu wiederzugeben:
,Du kannst ruhig schrein, hier hört dich niemand. Sei froh, daß wir dich nicht auch abgeknallt haben, Schwein! Ich bin ja wirklich abgebrüht, aber daß ein Gefangener der Rote-Armee-Fraktion Damenunterwäsche trägt beim Kidnapping, das war noch nicht da in der Geschichte! Du! Belehr mich nicht darüber, wie ich dir in die Eier treten soll... du bist ein richtiges Flittchen, was? Wer hätte das gedacht! Deshalb der steile Aufstieg, über den sich alle gewundert haben, aber das ist wahrscheinlich noch das Sympathischste an dir, das du diesen alten Pigs den Arsch anbietest.
Es wundert mich nur, daß du mit so einem schlaffen Hintern überhaupt Erfolg hast und mit diesem wabbeligen Wellfleisch da auf deinem Bauch und deinen Hüften. Du bist noch so jung, und alles ist schon welk und schlaff an dir, ganz zu schweigen von deinem schütteren Haar... und dem Penis, den du wohl irgendwo versteckst unter deinen Bauchfalten. Das paßt zwar alles zu deiner Rolle im Schweinesystem, aber für mich bist du eine Beleidigung fürs Auge jeder Frau, eine Zumutung!
Der ganze Raum stinkt schon nach deinem Angstschweiß. Mir machst du nichts vor, du bringst es nicht, Schwein, du bringst es nie! Brichst ja jetzt schon zusammen unter ein paar leeren Worten. Eins versichere ich dir mit einem Guerilla-Ehrenwort: Alle Welt soll erfahren, was du für eine widerliche Qualle bist, ich werde es der Presse erzählen, in allen Einzelheiten, und hier, dein vollgekacktes Spitzenhöschen, das schicken wir deiner Frau mit einem herzlichen ROT FRONT!
Was wimmerst du da? Du willst mir Geld geben, viel Geld, wenn ich nur nichts... mich willst du bestechen? Na warte, ich werde dir jetzt deine plutokratischen Herrschaftsallüren aus dem Leibe prügeln, nun werden wir mal andere Saiten aufziehen... schrei nur um Hilfe, die Bullen werden dich nicht retten, hier ist befreites Gebiet... Sei froh, daß das Telefon klingelt, das sind die Genossen mit den Instruktionen, wehe, ich höre einen einzigen Laut von dir.‘
Sie ging raus und ließ die Tür einen Spalt offen, ich konnte ihre Stimme hören, einzelne Worte, aber keine zusammenhängenden Sätze. Als sie wieder reinkam, wirkte sie verändert, war ohne Maske, sagte: ,Das war's! Die Message dieser Aktion ist futsch, du interessierst keinen. Sie lassen dich in der Scheiße hängen, die Herren, alle! Was sagst du nun? Dein Einfluß überdauert den Tag nicht, schon morgen werden sie einen anderen auf deinen Stuhl setzen. Das ist dein geliebtes Schweinesystem. Ich glaube, du tickst nun allmählich, wie es mit dir weitergeht...
Laß mal sehen, was haben wir denn da: Ah, eine Menge schöner Visitenkarten, und den Paß, eine American-Express-Karte... ah, und ein Scheckbuch... das brauchst du nun nicht mehr, wir können alles verbrennen. Siehst du, wie die Flammen deine paar armseligen Besitztümer in schwarze Klumpen verwandeln? Jammere nur, es ist zwecklos, uns wirst du nicht erweichen. Die Parole lautet: ES DÜRFEN, WENN NÖTIG, PIGS VERWUNDET ODER ERMORDET WERDEN. Du bist fertig, du Wicht, ich werde dich eigenhändig mit dieser legendären TOKAGYPT erschießen, weißt du, was eine Neun-Millimeter-Parabellum ist? Ich werde es dir zeigen, aber bis es so weit ist, werde ich dich erst mal für den weiteren Transport verpacken. So, dreh dich um, Schwein! Ich nehme dir jetzt die Handschellen ab, wage ja nicht, dich zu rühren. Beim geringsten Fluchtversuch knalle ich dich ab, da kannst du sicher sein, stell dich an die Wand, wirst du wohl gehorchen!
So, jetzt wirst du hier mit diesen feuchten Binden umwickelt, Beine zusammen, verdammt! Ach, bist du fett! Ich weiß nicht, ob meine Binden reichen, da muß man eben strammer wickeln. In Kürze bist du ja verschwunden. Es wird sein, als wärst du niemals dagewesen. Willst du noch was sagen, bevor ich dir den Kopf umwickle, ja... was? Ich versteh nicht, rede lauter! Was ist zu fest? Ich werde dich gleich weichklopfen, du wirst sehen...
Na, wie gefällt dir das, aach, einfach ekelhaft, dieses Gekrümme, du siehst aus wie eine halbtote Made, denk nicht, daß du meinen Schlägen ausweichen kannst. Da liegt sie vor mir, die Bourgeoisie, in voller Regression. Wenn du dich sehen könntest... warte, ich mache schnell noch ein paar Fotos, bevor ich dich in den Sarg legen lasse... So, jetzt fahr zur Hölle, mieses Schwein. Du wirst das Tageslicht nicht wiedersehen: Bis wir dich liquidieren, bleibt dir genug Zeit, deine Striemen zu zählen.‘
Dann hörte ich plötzlich eine Männerstimme, wurde hochgehoben und anscheinend in den Mumiensarg gelegt für eine ganze Ewigkeit, wie mir schien... Ich weiß nicht, war es eine Stunde oder das ganze Wochenende, jedenfalls lange genug, um das Mysterienspiel vollständig begriffen zu haben.“
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