piwik no script img

■ Vorfahrt mit der BahnPrager Winter

Richtig warm ums Herz wird mir immer, wenn die Bahn von ihrem Privatleben erzählt. Schneller sei man, freundlich wie das Weinrot der Schaffnerinnen und seit der Entstaatlichung ein richtiges Dienstleistungsunternehmen. Prima, dachte ich und löste einen Fahrschein nach Prag. Pünktlich um 16.24 Uhr wurde der EC „Carl Maria von Weber“ in Lichtenberg bereitgestellt. Einziges Problem: Im Großraumwagen war die Heizung defekt. Also wurde ein alter Abteilwagen angehängt. Bei dem funktionierte zwar die Heizung, nur die Fenster, die schlossen nicht richtig. So zog es uns bis kurz vor Dresden. Zwischen Neustadt und Hauptbahnhof gab es in Dresden-Mitte eine Zwischenlandung. Wegen einer eingefrorenen Weiche. Kurz darauf mußten wir den Abteilwagen wieder verlassen. Er wurde, mangels Publikumszuspruch, kurzerhand abgehängt.

Das kann ja nur besser werden, dachte ich kurz vor der Rückfahrt und machte es mir im geliebten Großraumwagen, Fensterplatz mit Tisch, gemütlich. Allein der Zug, er fuhr nicht los. Nach einer halben Stunde ging mir ein Licht auf: Das technische Personal hatte offenbar Probleme mit dem Stromschalter. Wie froh war ich da, als mir kurz vor Bad Schandau über Lautsprecher mitgeteilt wurde, daß ein – natürlich privates – Institut ganz empirisch, also ehrlich, die Zufriedenheit der Reisenden erforsche. Zu mir kam freilich keiner. Dabei hätte ich nicht einmal die Geschichten vom Prager Winter erzählt, sondern von den Vorfahrtsregelungen im vergangenen Jahr. Damals mußte mein ICE – ganz nötig – mal notbremsen. Eine defekte Schranke zwang uns so lange zu warten, bis von rechts auf der Landstraße kein Auto mehr kam. Ehrlich. Uwe Rada

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen