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Panik an Mexikos Börsen

■ Nach dem Peso-Crash jetzt der Aktien-Crash / "Tequila-Effekt" steckt andere lateinamerikanische Börsen an / Sechs Tote bei neuen Unruhen in Chiapas / Deutschland sagt Unterstützung zu

Mexiko-Stadt/Berlin (AP/dpa/ taz) – Panikverkäufe an Mexikos Aktienbörse haben dort zu einem Crash geführt. Nachdem am Montag die Kurse bereits um 6,77 Prozent gestürzt waren, verloren die Aktien am Dienstag zeitweilig sogar über elf Prozent ihres Werts. Die Börse schloß, vor allem dank massiver Stützungskäufe der mexikanischen Entwicklungsbank, mit einem Minus von 6,26 Prozent.

Beobachter führten den Kurseinbruch unter anderem auf das enorm hohe Zinsniveau von bis zu 50 Prozent für mexikanische Papiere zurück, das die Wirtschaft zu erdrosseln droht. Außerdem werden Probleme für etliche mexikanische Großunternehmen befürchtet, die in Kürze Importrechnungen für Waren zahlen müssen, die sie noch vor der ersten Peso-Abwertung am 20. Dezember großzügig für das Weihnachtsgeschäft geordert hatten.

Der Peso befindet sich weiter im freien Fall, Interventionen der US- amerikanischen und der mexikanischen Notenbanken zum Trotz. Am Dienstag verlor die mexikanische Währung weitere 30 Centavos und sank auf einen Kurs von 5,80 Pesos für den Dollar.

Der Vetrauensverlust internationaler Anleger betrifft nicht nur Mexiko, sondern auch die anderen lateinamerikanischen Schwellenländer, die in letzter Zeit als sehr lukrativ galten und deshalb viel ausländisches Kapital angezogen hatten. Die Kurse an Wertpapierbörsen von Buenos Aires und São Paulo sanken um fast zehn Prozent. Die wenigen Spekulanten, die ihren Humor noch nicht verloren haben, tauften diese Reaktion „Tequila-Effekt“. Die brasilianischen Aktien haben seit dem Ausbruch der mexikanischen Finanzkrise vor drei Wochen bereits annähernd ein Drittel ihres Werts eingebüßt.

Parallel zur Finanzkrise schwelt in Mexiko die soziale Krise. Im südlichen Bundesstaat Chiapas gab es im Verlauf neuerlicher Unruhen sechs Tote. Dies wirkt sich dann wiederum negativ auf das Vertrauen der Anleger aus und verschlimmert die Finanzkrise weiter. Die Inflation wird nach Schätzungen auf 25 Prozent steigen, während laut dem Notprogramm von Präsident Ernesto Zedillo die Löhne nur um sieben Prozent erhöht werden dürfen. Schon jetzt lebt etwa die Hälfte der 90 Millionen Mexikaner an oder unter der Armutsgrenze.

Die Bundesrepublik Deutschland wird sich, mexikanischen Angaben zufolge, an Hilfen für Mexiko beteiligen. Auch der designierte US-Finanzminister Robert Rubin hat US-Unterstützung zugesagt. Es gehe dabei nicht nur um Mexiko, sondern darum, zu verhindern, daß die Krise auf andere Länder übergreife. lieb

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