: Oberster Tunnelplaner getunnelt
■ Projektgesellschaft für Tiergartentunnel entläßt ihren Chef
Berlins oberster Tunnelbauer, Fritz Vollrath, ist gefeuert worden. Unstimmigkeiten zwischen dem Geschäftsführer der Projektgesellschaft für die Verkehrsanlagen im Zentralen Bereich (PVZB) und den Gesellschaftern – darunter die Deutsche Bahn AG – über die Tunnelplanung und den vorgesehenen Zentralbahnhof an der Lehrter Straße sollen zu der Entlassung geführt haben, sagte gestern ein in die Bahnhofsplanung involvierter Architekt zur taz.
Vollrath habe sich gegen Korrekturen insbesondere bei dem Entwurf des neuen Lehrter Bahnhofs ausgesprochen. Zeitaufwendige Verzögerungen beim Bau der Tunnel unter dem Tiergarten wären dann nicht ausgeschlossen. In der Folge könnten die Fertigstellung der Regierungsgebäude und der Umzug von Bonn nach Berlin nicht rechtzeitig erfolgen. Ob der abgesetzte Tunnelchef das viereinhalb Milliarden Mark teure Bauvorhaben insgesamt in Frage stellte, konnte der Stadtplaner nicht beantworten.
Vollrath bestätigte, daß bei Planungsänderungen der beabsichtigte Termin zur Eröffnung des Zentralbahnhofs und der Tunnelstrecke im Jahr 2000 gefährdet sei. Derzeit ist nicht nur das Planfeststellungsverfahren für den Bahnhofsbereich noch nicht abgeschlossen, ebenfalls offen sind die Architektur des Bahnhofs und die genaue verkehrliche Erschließung rund um das Verkehrsbauwerk.
Die Entlassung kommentierte Vollrath als „keine freundliche“ Trennung. Während die Bahn AG zu dem Rausschmiß keine Stellungnahme abgeben wollte, sprach man bei der Projektgesellschaft PVZB von einem „internen Wechsel“. Zum Jahresbeginn 1995 habe man sich entschieden, dem seit September 1994 bei der PVZB tätigen Ingenieur Dieter Mönnich die Geschäftsführung zu übertragen. Solche Wechsel seien „normal“, sagte die Sprecherin der Projektgesellschaft, Schlott. Eine weitere Erklärung zu den Hintergründen der Entlassung lehnte die Sprecherin ab.
Der gefeuerte Vollrath war für das schwierige Tunnelunternehmen eigens von Bahnchef Heinz Dürr von Düsseldorf nach Berlin gelobt worden. In der Rhein-Metropole hatte er dem Hauptbahnhof in kürzester Zeit ein neues Outfit verpaßt und die Rheinuferstraße in Tieflage gebracht. Rolf Lautenschläger
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