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Veba, dickste Spinne im Telekomnetz

■ Jeden Tag eine neue Allianz europäischer Telekommunikationsgiganten: Veba kündigt Kooperation mit Britanniens Cable & Wireless an und will zum größten Telekommunikator nach der Telekom werden

Düsseldorf/Brüssel (dpa/ rtr/AP) – Auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt herrscht Goldgräberstimmung. Seit klar ist, daß die Telefon- und Netzmonopole am 1. Januar 1998 fallen, wollen alle mitmischen: Energie- und Stahlkonzerne, Banken, Auto- und Luftfahrtunternehmen. Die Deutsche Bank Research listete vor kurzem 28 potentielle Interessenten auf. Fast jeden Tag gibt es Meldungen über neue Zusammenschlüsse, die sich einen Anteil am deutschen Telekom-Markt sichern wollen, der mit einem Umsatz von 70 Milliarden Mark und den Aussichten auf eine Verdoppelung bis zum Jahr 2003 der größte in Europa ist.Gestern kündigte die Veba AG, Deutschlands viertgrößter Industriekonzern, an, eine europäische Allianz mit dem britischen Unternehmen Cable and Wireless (C&W) zu schmieden.

Wie beide Unternehmen in Düsseldorf mitteilten, wollen sie ihre europäischen Telekom-Aktivitäten zusammenfassen und gemeinsam bis zu elf Milliarden Mark in deren Ausbau investieren. Zur Stabilisierung der Zusammenarbeit will sich die Veba mit 10,5 Prozent am Aktienkapital von C&W beteiligen.

Veba-Chef Ulrich Hartmann will erklärtermaßen den Konzern zum führenden Telekommunikationsanbieter nach der Telekom machen. So ist die Veba an Satellitenfunkprojekten und gemeinsam mit Thyssen am digitalen Mobilfunknetz E-plus beteiligt, betreibt Funkruf- und Kabelfernsehnetze. Durch die Stromtochter Preussenelektra verfügt das Unternehmen außerdem über Glasfaser- und Kupferkabelnetze. C&W, das im Jahr mit 40.000 Beschäftigten 20 Mrd. DM erwirtschaftet, betreibt ein Glasfaser- und ein Funknetz, das alle großen Metropolen weltweit verbindet.

Erst am Dienstag hatte der Thyssen-Konzern mitgeteilt, daß er ein Konsortium mit der US-Telefongesellschaft BellSouth bilden wolle. Wiederum zwei Woche vorher gingen der Mischkonzern Viag und die British Telecom mit dem gemeinsamen Plan eines flächendeckenden deutschen Telekommunikationsnetzes an die Öffentlichkeit. BMW beeilte sich, sein Interesse an einer 25prozentigen Beteilung anzumelden.

Gleichzeitig gab die Daimler- Tochter Dasa ihren Plan eines Gemeinschaftsunternehmens mit der kanadischen Northern Telecom bekannt. Die Deutsche Telekom, Nummer eins in Europa und Noch- Monopolist, ist inzwischen nicht untätig geblieben. Sie hat eine global-strategische Allianz mit France Telecom und dem drittgrößten US-Telefonanbieter für Überseegespäche, Sprint, eingeleitet. Im Kampf der Giganten fehlt natürlich nicht der Energiekonzern RWE, der über 17.000 Kilometer eigene Telefonleitungen verfügt, und zusammen mit Mannesmann und der Deutschen Bank an dem Gemeinschaftsprojekt Communications Netwerk International beteiligt ist.

Die Deutsche Bahn will ihr 40.000 Kilometer langes Kommunikationsnetz entlag der Schienen mit dem des Veba-Konzerns, der über 5.600 Kilometer Leitungen verfügt, poolen. Gleichzeitig hat sie sich mit zehn anderen europäischen Eisenbahngesellschaften sowie der amerikanischen Global Telesystems Group (GTS) zusammengeschlossen. Ziel ist ein europaweites Glasfasernetz für Telekommunikationsdienste.

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