Iduna-Hochhaus: Sprengstoff oder Fehlzündung?

■ TÜV Nord wehrt sich gegen Vorwürfe der Statt Partei / Scheelhaase unter Druck

Der Kronzeuge bleibt (noch) anonym. Um keinen Preis der Welt wollte der Statt-Parteiabgeordnete Klaus Scheelhaase gestern den Namen jenes „unabhängigen Gutachters“ preisgeben, der die Asbestuntersuchung im Iduna-Hochhaus durch den TÜV Nord für „unseriös, unvollständig, unklar“ hält. Vorwürfe, die am Mittwochabend zu einem kurzen, aber heftigen rotgrauen Koalitionskrach und gestern zur erneuten Absage der Sprengung des Millerntor-Hochhauses führten, reichlich Zündstoff für die kommenden Wochen inklusive.

Denn – trotz der Absage – gehen Senat, Bezirksamt Mitte und der TÜV Nord davon aus, daß die vorliegenden Expertisen einwandfrei sind, die Sprenggenehmigung damit zu Recht erteilt wurde. So berichtet der zuständige Gutachter des TÜV Nord, Wolfgang Schumacher, daß die Hamburger Sanierungsfirma Bogdol sämtliche 23 Stockwerke nach jenen Asbest-Resten abgesucht hat, die der TÜV unter den fassadennahen Estrichschichten des Gebäudes entdeckt hatte. 400 Gramm Asbest sind dabei gefunden worden.

„Wir haben eindeutig festgestellt, daß das Haus jetzt asbestfrei ist“, berichtet Schumacher. Und empört sich: „Sonst hätten wir doch nie im Leben unterschrieben, daß gesprengt werden kann.“ Die Firma Bogdol bestätigt der taz diese Darstellung.

Auch Bezirkssenator Thomas Mirow, am Mittwoch von der Statt Partei massiv angegangen, hat „nicht den Eindruck, daß da etwas falsch gelaufen ist“. Dennoch stoppte der SPD-Politiker gestern die Sprengvorbereitungen, um Scheelhaases Vorwürfen nachgehen zu können. Wobei Mirow auch nicht viel anderes übrig blieb. Noch am Mittwochabend hatten sich alle vier Bürgerschaftsfraktionen darauf verständigt, die Asbestsanierung noch einmal überprüfen zu lassen. In zwei Wochen, so heißt es in einem interfraktionellen Antrag, möge der Senat dem Parlament berichten.

Stellt sich dann heraus, daß die Sprenggenehmigung zu Recht erteilt worden ist, droht doppeltes Ungemach. Erneute Schadensersatzforderungen durch den Investor und reichlich Rechtfertigungszwang für Scheelhaase. Laufen dessen Anschuldigungen doch im Kern darauf hinaus, daß TÜV Nord und Bezirksamt Mitte mit der schnellen Sprenggenehmigung möglicherweise Menschenleben riskiert haben. Starker Tobak, der eine zügige Veröffentlichung des Gegen-Gutachtens notwendig machen dürfte.

Unterstützung erhielt Scheelhaase gestern von der GAL Mitte. Die monierte, daß der Bezirksamtsleiter Peter Reichel bis heute nicht die Akten einer früheren Asbestsanierung des Hochhauses vorgelegt hat. Deren Verbleib sei nach wie vor ungeklärt, die Erteilung der Sprenggenehmigung durch Reichel deshalb fahrlässig. Fazit des GALiers Volker Nienstedt: „Im Bezirksamt Mitte wird geschlampt oder verschleiert“. uex