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Bundesregierung beharrt auf Kindergarten-Recht

■ Koalition lehnt es ab, den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz auf 1999 zu verschieben / SPD-Chef Scharping ist einer Meinung mit Kabinett

Bonn (Reuter/AFP/taz) – Der Vorstoß der Länder, das Recht auf einen Kindergartenplatz erst 1999 einzuführen, ist zunächst offenbar gescheitert. Die Bonner Regierungskoalition lehnte die Pläne gestern entschieden ab. Auch SPD- Chef Rudolf Scharping sprach sich dafür aus, den Rechtsanspruch möglichst 1996 zu verwirklichen.

Regierungssprecher Dieter Vogel sagte nach einer Koalitionsrunde, die Regierung erwarte, daß sich die Länder an die gesetzlichen Vorgaben halten. Diese waren 1992 als flankierende Maßnahme zum § 218 von Bundestag und Bundesrat verabschiedet worden, und schreiben das Recht auf einen Kindergartenplatz ab 1996 fest. Nach Angaben Vogels sprach sich die Koalition einstimmig gegen eine Änderung des Gesetzes aus. Sie reagierte damit auf einen Beschluß der Sozial- und Finanzminister der Länder aus der vergangenen Woche. FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle wertete diesen Beschluß als Ergebnis der „finanzpolitischen Inkompetenz“ der SPD-Länder, für die nun die Familien die Zeche zahlen sollten.

Auch SPD-Chef Scharping gab dem Ländervorstoß zur Verschiebung des Rechtsanspruch auf das Jahr 1999 keine Chance und verwies gestern darauf, daß es sich nur um den Vorschlag einer Minister- Arbeitsgruppe handele. Es müsse abgewartet werden, wie sich die Ministerpräsidenten bei ihrer Konferenz Mitte März entscheiden. Möglichst solle an den Fristen zur Einführung des Rechts auf einen Kindergartenplatz festgehalten werden. Gleichzeitg räumte Scharping aber ein, daß es schwierig sei, 600.000 neue Kindergartenplätze zu schaffen.

Vor allem die sogenannten Flächenländer hatten im Vorfeld zu bedenken gegeben, sie könnten das Recht auf einen Kindergartenplatz aufgrund finanzieller und personeller Probleme nicht fristgerecht einführen. Erwartungsgemäß teilte Nordrhein-Westfalens Sozialminister Franz Müntefering (SPD) mit, sein Land könne den Rechtsanspruch 1996 nicht einlösen. Noch in diesem Jahr rechne er in NRW mit der Fertigstellung von rund 25.000 Kindergartenplätzen. Angesichts dieses Ausbautempos klagten die Kommunen, daß ihnen sowohl Erzieherinnen als auch geeignete Grundstücke fehlten.

Die familienpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, Irmingard Schewe-Gerigk, forderte, den Rechtsanspruch 1996 einzuführen. Man könne die Kommunen jedoch bei der Verwirklichung des Gesetzes nicht allein lassen. Die Investitionskosten zur Umsetzung des Rechtsanspruchs betragen 20 Milliarden Mark. Weitere vier Milliarden Mark werden jährlich für Betriebs- und Personalkosten veranschlagt. flo

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