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Im Zwielicht des Korruptionsverdachts

Neuer Finanzskandal in Japan: Zentralbank und Finanzministerium verwalten auf mysteriöse Weise zwei heruntergewirtschaftete Kreditbanken mit Hilfe hoher politischer Schutzherren  ■ Aus Tokio Georg Blume

Das japanische Finanzministerium sah sich gestern zu einer ungewöhnlichen Offenbarungsleistung gezwungen: Gegenüber dem in Finanzangelegenheiten wenig einflußreichen Parlament mußte das Ministerium am Mittwoch die Kundenliste zweier Kreditbanken offenlegen, gegen die seit einigen Tagen die Tokioter Staatsanwaltschaft ermittelt. Die Veröffentlichungen grenzten für das mit der Branche eng verwobene Finanzministerium an die Preisgabe des Allerheiligsten: des Bankgeheimnisses. Aber es mußte wohl sein. Denn Japan steht in dieser Woche unversehens im größten Korruptionsskandal seit dem Sturz der liberaldemokratischen Einparteienherrschaft im Juni 1993.

Zum ersten Mal ist die seit dem Ende der japanischen Boomjahre schwelende Schuldenkrise in der Tokioter Finanzindustrie Ursache der jüngsten Bekanntmachungen. Schon im Dezember '94 waren Finanzministerium und Zentralbank das auch für Experten verwegene Wagnis eingegangen, zwei quasi bankrotte Kreditbanken, Tokyo Kyowa und Anzen, vor dem Konkurs zu retten. Die beiden Banken hatten aufgrund ihrer Mißwirtschaft in den Boomjahren zusammen 2,3 Milliarden Mark an unauflösbaren Krediten angehäuft. Jetzt wären sie zahlungsunfähig geworden, hätte die Zentralbank nicht ihre Zusammenführung in Aussicht gestellt und eine öffentliche Finanzspritze von umgerechnet 300 Millionen Mark versprochen.

Unbekannt ist bis heute, ob das Finanzministerium und die ihm gehörige Zentralbank damals wußten, daß sie sich damit zum Notverwalter zweier mit mächtigen politischen Freunden betuchter Skandalinstitute machten. Nun aber befördern die behördlichen Untersuchungen der betroffenen Banken seit dem Dienstag unerhörte Machenschaften ans Licht: Zwei ehemalige Minister und ranghohe Politiker der oppositionellen „Neuen Fortschrittspartei“ ständen nach den Enthüllungsberichten der Medien inzwischen im Verdacht, von den illegalen Kreditgeschäften der beiden Banken profitiert zu haben. Lassen sich diese Meldungen bestätigen, und es gibt kaum Zweifel daran, würde damit erstmals auch die im Dezember gegründete größte japanische Oppositionspartei ins Zwielicht des Korruptionsverdachts geraten.

Schon die Kritik, daß zwei heruntergewirtschaftete Banken die Unterstützung der Zentralbank fanden, beherrschte vor dem Erdbeben in Kobe die finanzpolitischen Gespräche. Daß dieser Fall darüber hinaus noch politischen Sprengstoff bietet, der auch die derzeitige Regierung noch gefährden könnte, erinnert an die langfristigen Folgen bereits überwundener Rezessionen.

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