■ Die Meuterei islamistischer Gefangener im Sicherheitstrakt des Gefängnisses Serkadji ist blutig niedergeschlagen worden: Rätsel nach dem Blutbad
Die Meuterei im Gefängnis Serkadji, wo Hunderte von islamistischen Häftlingen in einem Hochsicherheitstrakt festgehalten wurden, ist von der Bevölkerung als Schock erlebt worden. Mit Maschinengewehren niedergemähte Gefangene, Wärter, denen die Kehle durchgeschnitten wurde, andere Wärter, die den Gefangenen Waffen und Handgranaten übergeben haben sollen – Umstände, die diese Aktion aus der täglichen Gewaltsamkeit unseres Lebens in Algerien herausheben. Serkadji gilt als wahre Festung, das Gefängnis liegt kaum 200 Meter vom Verteidigungsministerium und der Zentrale der Gendarmerie entfernt. Eine Meuterei dieses Ausmaßes an diesem Ort läßt auf ziemliche Sicherheitsprobleme des Regimes schließen. Schließlich hätte man aus zwei ähnlich gravierenden Ereignissen Konsequenzen ziehen können. Letztes Jahr war es, ebenfalls während des Monats Ramadan, neunhundert islamistischen Gefangenen – darunter etwa sechzig zum Tode Verurteilten – gelungen, aus dem Gefängnis von Lambère zu entfliehen. Und erst im November war in Berrouaghia ebenfalls eine Meuterei ausgebrochen, die Dutzenden von Gefangenen das Leben kostete.
Noch sind die Umstände des jüngsten Aufstandes nicht aufgeklärt, doch zumindest zwei Fakten lassen den Beobachter der Szenerie perplex zurück. Unter den Häftlingen befanden sich der FIS-Anführer Abdelkader Hachani, zwei Anführer der Terrorgruppen namens Layada (der GIA) und Cherati sowie der Mörder von Präsident Boudiaf, der Unterleutnant der Sicherheitskräfte Boumarafi. Nach den ersten Informationen sollen Hachani und Layada bereits zu Beginn der Meuterei an einen anderen Ort verlegt worden sein. Wer hat und warum versucht, um diesen Preis ihr Leben zu retten? Cherati und Boumarafi dagegen sollen getötet oder schwer verletzt worden sein. Warum hat man sie nicht gleichzeitig mit den beiden anderen weggebracht?
Das Verschwinden von Boumarafi würde jedenfalls aus dem Mord an Präsident Boudiaf ein ewiges Geheimnis machen. Eine neue Lee-Oswald-Affäre? Eins ist jedenfalls klar: In unserem algerischen Drama gibt es keine einfachen Erklärungen. Nourredine Saadi
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