Freierinnen für Huren nicht normal -betr.: "Käuflicher Sex für Lesben", taz vom 13.2.95

Betr.: „Käuflicher Sex für Lesben“, taz vom 13.2.

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es zirka 400.000 Prostituierte (Stand 1988). Bei einer angenommenen Kundenfrequenz von drei Kunden pro Tag und Frau besuchen also mindestens 1,2 Millionen Männer täglich eine Prostituierte. Den Versuch einiger weniger Frauen, diese Dienstleistung jetzt auch Frauen anzubieten, als Nehmen einer Männerbastion zu bezeichnen, wäre übertrieben. Frauen/Lesben beginnnen sich vermehrt nach jahrelanger Aufdeckung der negativen Seite weiblicher Sexualität, geprägt von Mißbrauch, Vergewaltigung, Verhütungsverantwortung und geschlechtsspezifischer Sexualmoral, der positiven Seite zuzuwenden.

Über Sexualität zu wissen, zu reden und zu handeln war schon immer eine Tätigkeit von Huren. Kein Wunder, daß viele Frauen/Lesben an der Veranstaltung interressiert waren. Vielleicht haben Frauen/Lesben entdeckt, daß Sexualität sich selten nach politischer Korrektness und Fundamentaloppositionen richtet und die Referentin mußte diese gar nicht wie von der Verfasserin behauptet durch einen historischen Rückblick dämpfen. Die referierende Sexarbeiterin stellte ihre Arbeit klar dar, wobei ihre Fähigkeit der Abgrenzung bei Erlebnissen positiver Art (verlieben) wie negativer Art (böse Anrufe) sowie das Eingehen auf die Bedürfnisse der Zuhörerinnen bzw. potentiellen Kundinnen für ihre professionelle Kompetenz sprechen.

Daß aufgrund unterschiedlicher Sexualität lesbische Sexarbeit anders aussieht als die Arbeit am Mann, liegt auf der Hand. Zur Zeit nähern sich Frauen/Lesben dem Thema ebenso zögernd wie fasziniert, was sowohl an der geringen Zahl der Publikumsfragen wie auch an der Beanspruchung des Escort-Services zu erkennen war. Der Freier ist der ganz normale Mann, die Freierin ist schon deshalb nicht normal, weil sie Freierin ist. Um gesellschaftlicher Stigmatisierung entgegenzuwirken, ist die Anerkennung der Prostitution als Beruf unerläßlich. Nur dann ist es möglich, daß Frau sowohl als Hure wie als Freierin selbstbewußt ihren Standpunkt vertritt und ein entsprechender Escort-Service nicht etwas so Außergewöhnliches mehr ist.

Die Mitarbeiterinnen von Nitribitt e.V.