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Mehr Algen, mehr Fische

■ Norwegen plant künstliche Algenpest, um mehr Nahrung zu produzieren

Norwegische Forscher wollen eine künstliche Algenpest an den Küsten ihres Landes auslösen. Je zahlreicher die Algen, desto mehr Futter für die Fische, desto mehr Nahrung für die Welt, so lautet deren Konzept. „Unsere große Zukunftsaufgabe ist, genug Nahrung für die zukünftige Erdbevölkerung zu schaffen“, sagt der Informationschef von Norsk Hydro, Raghnvald Bertheussen, über die geplanten Experimente.

Norsk Hydro, aktiv in der Aluminiumbranche, in der Ölförderung und im Bereich Meerestechnologie, verspricht sich von der künstlichen Meeresdüngung weltweit klingende Münze. Bei dem 100-Millionen-Projekt wird Norsk Hydro nicht nur vom norwegischen Staat, sondern auch von der EU unterstützt.

Der norwegische Naturschutzverband kritisiert, daß es für die Experimente noch nicht einmal eine Abschätzung der Folgen gibt: „Ist es nicht unsinnig, einerseits astronomische Beträge aufzuwenden, um das Meer vor zuviel Nitraten und Phosphor zu schützen, und es andererseits damit gezielt zu düngen?“ Für die Hydro-Manager ist es das offenbar nicht: Es komme auf den richtigen Zeitpunkt und den richtigen Ort an, argumentieren sie.

Im Frühjahr produziere das Meer angesichts der steigenden Sonneneinstrahlung und Erwärmung große Mengen an Nährstoffen. Es gehe darum, diese Wachstumsperiode künstlich zu verlängern: Mit Hilfe von Zugaben von Nitraten, Phosphor und Silizium zum Ende der natürlichen Wachstumsperiode, könne man zum rechten Zeitpunkt mehr Nahrung für Fische und Muscheln schaffen. „Warum soll es nicht gelingen, künstlich solche Nahrungsbedingungen zu schaffen, wie sie auf Grund der Strömungsverhältnisse beispielsweise bei Neufundland und vor den Küsten Chiles und Perus herrschen?“, fragt Tom Böckmann, Forschungschef bei Hydro.

Ist man beim Umweltministerium recht unbekümmert, was die geplanten Experimente angeht, mahnt die staatliche Wasserbehörde eher zum Bremsen: „Diese Forschungen“, so Abteilungsleiter Terje Kronen, „sollten unserer Meinung nach nicht stark gefördert werden. Wir sind besorgt, daß das natürliche Gleichgewicht durch die Versuche unwiederbringlich verschoben wird.“ Und Ragnhild Haarstad, Vorsitzende des Umweltausschusses im Parlament, ist noch kritischer: „Wir und die EU haben uns im Nordseeabkommen verpflichtet, den Ausstoß von Nitraten und Phosphor zu begrenzen. Sonst können wir ja gleich alle Kläranlagen stillegen, damit die Algen genug Futter bekommen.“ Reinhard Wolff

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