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Nur beim Spiel kein Illegaler

Gesichter der Großstadt: Seit drei Jahren kämpft der beim Fußballverein Türkiyemspor spielende Bosnier Bego Catic um eine Aufenthaltsgenehmigung  ■ Von Gesa Schulz

An Bego Catic fällt als erstes seine Zurückhaltung auf. Der Manndecker der Regionalligamannschaft von Türkiyemspor beantwortet kaum eine Frage ausführlicher als unbedingt nötig. Informationen über ihn bekommt man eher von dem ehemaligen Vereinsvorsitzenden, Ender Ertan, der das Gespräch dolmetscht. „Bego ist einfach verunsichert, weil sein Aufenthaltsstatus seit drei Jahren in der Schwebe hängt“, erklärt Ertan.

Seit 1992 lebt der 31jährige in Deutschland. Als der Krieg im ehemaligen Jugoslawien ausbrach, flüchtete Catic, der damals beim Erstligisten Sarajevo spielte, in die Bundesrepublik. Erster Anlaufpunkt der Familie Catic war die Schwester des Profifußballers in Salzgitter. Dort erhielten er und seine Frau sowie die beiden Kinder eine Aufenthaltsgenehmigung als bosnische Kriegsflüchtlinge. Das hieß für Catic, von Sozialhilfe zu leben und bestenfalls in seiner Freizeit Fußball spielen zu können.

„Ich habe von 1989 bis 1991 als Libero bei dem türkischen Verein Zeytinburnu Spor in der ersten Liga gespielt“, erzählt Catic. „Dadurch hatte ich Kontakte zu Türkiyemspor.“ Also reiste er nach Berlin, absolvierte ein Probetraining, und für den Kreuzberger Club stand fest: Catic bekommt einen Vertrag.

Die Familie zog nach Berlin um, doch was so hoffnungsvoll begonnen hatte, wurde bald zum Kampf gegen die Behörden. Die Anträge von Catic, eine Aufenthaltsgenehmigung für Berlin zu bekommen, wurden von der Ausländerbehörde abgelehnt. Daß Catic durch seinen Vertrag mit Türkiyem nicht auf staatliche Finanzierung angewiesen ist, schien nicht zu interessieren. „Obwohl fast jeden Montag in der Zeitung steht, daß er für Türkiyem spielt, muß er sich als Illegaler fühlen“, empört sich Ertan über die Haltung der Behörden. Familie Ertan unterstützt die bosnische Familie nicht nur bei den Problemen mit der deutschen Verwaltung. In seiner Freizeit lernt Catic in der Werbeagentur von Frau Ertan alles, was in der Werbebranche zum Geschäft gehört. „Aber anstellen dürfen wir ihn nicht, weil er keine Aufenthaltsgenehmigung hat“, sagt Ertan.

Nur einmal geht Catic im Verlauf des Gesprächs ein wenig aus sich heraus. „Das Schlimmste ist die Unsicherheit für meine Kinder“, sagt er. In der Kita und der Schule muß er innerhalb von drei Monaten eine Aufenthaltsgenehmigung nachweisen. Gelingt das nicht, muß die dreijährige Tochter die Kita verlassen, und der neunjährige Sohn wird nicht weiter zur Schule gehen können.

Beim Training auf dem Fußballplatz kann man einen völlig ausgewechselten Menschen beobachten. Catic lacht, scherzt, ruft immer wieder „Weiter, Jungs!“, um die Kollegen anzufeuern. „Bego ist in der Mannschaft sehr beliebt, weil er eigentlich immer zu Späßen aufgelegt ist“, erzählt der Trainer Thomas Herbst. „Außerdem schätze ich an ihm seine hundertprozentige Zuverlässigkeit“, so Herbst. Catic muß zur Zeit als Manndecker einspringen, weil die Personaldecke bei Türkiyem dünn ist. „Obwohl er ja eigentlich Libero ist, erfüllt er auch diese Aufgabe absolut verläßlich“, lobt ihn der Trainer. Kein Wunder, daß Türkiyem auf Angebote anderer Vereine, die Catic kaufen wollten, nicht reagierte.

Mannschaft und Trainer hoffen, daß Catic endlich eine Aufenthaltsgenehmigung für Berlin bekommt. An einem Trainingslager in der Türkei konnte er wegen seines ungeklärten Status nicht teilnehmen. Die Probleme von Catic bleiben den Mannschaftskollegen natürlich nicht verborgen. „In letzter Zeit ist er häufiger deprimiert. Es wird Zeit, daß sich die Situation klärt und er wieder ganz der alte wird“, faßt Thomas Herbst die Stimmung in der Mannschaft zusammen.

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