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Gedenken an Rebellen unerwünscht

Die meisten kennen Rudi Dutschke gar nicht: Das meinen die SchülerInnen aus Luckenwalde bei einer Diskussionsrunde der taz / In Dutschkes Schule soll nichts an den Rebellen erinnern  ■ Aus Berlin Bascha Mika

Berlin (taz) – Es gibt Menschen, die noch nach ihrem Tod Unruhe stiften. Rudi Dutschke, Studentenführer und Bürgerschreck, gehört dazu. 16 Jahre nachdem er an den Spätfolgen eines Mordanschlags starb, ist der Rebell noch immer für eine Provokation gut. Das hätte ihn gefreut.

Mitwirkende der Posse, bei der man viel über Zivilcourage lernen kann: eine Kleinstadt, ihr Gymnasium, der Lehrkörper, die SchülerInnen. Streitpunkt: Soll, darf, kann ein Studentenführer Vorbild sein – und an seiner ehemaligen Schule mit einer Gedenktafel geehrt werden? Die Debatte darüber läuft seit einem Jahr, am Dienstag abend wurde sie mit einer Diskussionsrunde im „Rudi-Dutschke- Haus“ der taz fortgesetzt.

Vorgeschichte: In den 50er Jahren war Rudi Dutschke Schüler des Gerhard-Hauptmann-Gymnasiums im ostdeutschen Luckenwalde. Dort bewies er zum ersten Mal öffentlichkeitswirksam Zivilcourage, als er sich weigerte, nach dem Abitur den „freiwilligen Dienst“ in der Volksarmee der DDR anzutreten. Die Quittung kam postwendend. Der Schuldirektor vermerkte „inaktive gesellschaftliche Haltung“ im Abiturzeugnis – der Weg zum Studium war verbaut.

Im letzten Jahr machten Verwandte und Freunde Dutschkes den Vorschlag, den berühmtesten Mann Luckenwaldes durch eine Gedenktafel an seiner Schule zu ehren. Das wurde von der Schulkonferenz – fünf Lehrer, fünf SchülerInnen, fünf Eltern – und dem Direktor Ende letzten Jahres abgelehnt. Bergründung: Da könnte ja jeder kommen. Juliane Schiller, Schülerin des Gymnasiums: „Die meisten SchülerInnen und auch viele Lehrer haben doch gar keine Ahnung, wer Dutschke war“, sagte sie am Dienstag abend. „Sie wollen nicht gezwungen werden, sich mit ihm auseinanderzusetzen. Fast alle sind inzwischen abgenervt, wenn sie den Namen nur hören.“

Schwierig wäre, betonte ihre Mitschülerin Stefanie Bendel, daß die Gedenktafel-Aktion von Leuten initiiert wurde, die nichts mit der Schule zu tun hätten und größtenteils auch noch aus dem Westen kämen. Ähnlich hatte Schuldirektor Kohl argumentiert: „Die 68er- Bewegung gehört zu Westdeutschland, was haben wir damit zu tun?“ Lieber will Kohl eine Gedenktafel für alle „ehrenwerten Schüler“ des Gymnasiums. Kommentar von Bernd Rabehl, Dutschkes ehemaligem Genossen: Die Erinnerung an Dutschke würde wohl zu viele Menschen an ihre eigene Opportunistenrolle erinnern. Und unter diesen Opportunisten, die die Schule in ihrer 132 Jahre alten Tradition hervorgebracht habe, wolle er Rudi nicht eingereiht sehen.

Doch auch Rabehl kam in der Diskussion mit den Schülerinnen an einer Einsicht nicht vorbei. Daß es, so Juliane und Stefanie, zuerst unbedingt notwendig wäre, in Luckenwalde über Dutschke und die 68er-Bewegung zu informieren. Wie sonst sollten die SchülerInnen begreifen, daß der Rebell auch noch heute ein Vorbild sein könnte? Lesungen aus Dutschkes Biographie, Artikel in der Schülerzeitung, Theaterstücke über die Studentenbewegung – das konnten sich die Elftkläßlerinnen vorstellen, um Dutschke ins Bewußtsein zu rufen. Juliane Schiller bei der Veranstaltung: „Alles andere würden wir sicherlich als Vergewaltigung begreifen.“

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