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Zwangsurlaub für Monika Griefahn

■ Niedersächsische Umweltministerin von Ministerpräsident Gerhard Schröder beurlaubt

Hannover (taz) – Das politische Schicksal der niedersächsischen Umweltministerin Monika Griefahn liegt seit gestern in den Händen des ehemaligen Verfassungsrichters Helmut Simon. Auf Bitten von Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) kommt Simon nun als Affären-Sonderermittler nach Niedersachsen. Der Verfassungsrichter a.D. soll unabhängig prüfen, ob Griefahn „ihr Amt in irgendeiner Weise benutzt hat oder auch nur den Versuch gemacht hat, ihrem Ehemann persönliche Vorteile zu verschaffen“. Gleichzeitig vereinbarte Griefahn mit Schröder, daß sie bis zum Abschluß der Prüfung ihr Amt als niedersächsische Umweltministerin vorläufig ruhen läßt. Schröder erklärte gestern, falls sich erweisen sollte, daß die ehemalige Greenpeace- Aktivistin ihren Ehemann im Zusammenhang mit der Weltausstellung Expo 2000 begünstigt habe, gebe es für sie keine Möglichkeit zur Rückkehr. Griefahn sei mit dieser Regelung einverstanden. Bis zur endgültigen Klärung wird Griefahn von Justizministerin Heidi Alm-Merk vertreten.

Gegenstand des bisher wohl einmaligen Affären-Prüfverfahrens ist ein vor allem von der Bild-Zeitung erhobener Vorwurf. Griefahn hatte sich im Aufsichtsrat der Expo für ein von ihrem Mann entwickeltes Expo-Lizenzmodell stark gemacht. Die Umweltministerin, so der Vorwurf von Bild, habe so ihrem Ehemann millionenschwere Aufträge zuschanzen wollen.

Die niedersächsische CDU kritisierte Schröders Vorgehen scharf. „Es ist ein in der deutschen Parlamentsgeschichte einmaliger Vorgang, einen Parteifreund mit der Untersuchung zu beauftragen“, sagte CDU-Generalsekretär Hartwig Fischer. Wenn bei der nächsten Landtagssitzung ein Antrag auf Entlassung Griefahns abgelehnt werde, wolle die Union einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuß einrichten. Die Fraktionschefin der Grünen, Andrea Hoops, sprach von einem Rücktritt auf Raten.

Für seine Tätigkeit als unabhängiger Affären-Ermittler hat sich Simon in den Augen Schröders durch zahlreiche Veröffentlichungen zum Verhältnis von Politik und Moral qualifiziert. Alle Unterlagen des Landes in Sachen Expo sollen dem Ermittler zugänglich sein. Schröder hoffte gestern, daß auch die privatrechtliche Expo-Gesellschaft Simon unterstützen wird.

Monika Griefahn bestritt unterdessen erneut, daß sie ihren Mann begünstigt habe. In einem Radiointerview räumte sie jedoch auch ein, sie habe vielleicht einen politischen Fehler begangen. Unabhängig vom Ausgang der Prüfung sieht die Umweltministerin wohl in jedem Falle einem Karriereknick entgegen. Auch wenn sie am Ende wieder in ihr Amt zurückkehren kann, wird die neben Schröder prominenteste niedersächsische SPD-Politikerin nicht mehr die Rolle des ökologisch engagierten Medienlieblings spielen können. Denn bei aller Talk-Show-Prominenz hat Griefahn sich in ihrer Partei wenig Freunde gemacht. Auch ihr Verhältnis zu Gerhard Schröder gilt seit kurzem als gestört. Immerhin hatte die Umweltministerin nach den Vorwürfen gegen ihren Ehemann auf die Ehrenämter der Ministerpräsidentengattin Hiltrud Schröder hingewiesen. Jürgen Voges Seite 4

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