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Merkwürdiger Spielbeobachter

■ betr.: „Oh, heiliger Yeboah, hilf!“, taz vom 2. 3. 95

Dieser K.-P. Klingelschmitt muß ein merkwürdiger Spielbeobachter sein. Einerseits ist er blind (bei seiner „Analyse“ der Spieler Bindewald und Falkenmayer), andererseits hellsichtig (er sah den Spieler Zchadadse, der gar nicht mittat). Auf jeden Fall geht er einem mit seinen Lobhudeleien auf den zuletzt doch arg abgehobenen Yeboah auf die Nerven („stolzer“ „Heiliger“ Ghanaer), der doch wohl nur zu stolz war, um für 1,5 Millionen Jahreseinkommen ein wenig mitzutrainieren.

Auf jeden Fall: Klingelschmitt ins Gurkenglas oder auf den Bieberer Berg. Lothar Klein, Lohfelden

Auf Ihren angeblichen Spielbericht reagierte der HErr, so wird zuverlässig berichtet, mit den Worten: Wo warst du, du kleiner Klingelschmitt, als ich die Eintracht schuf? Sage mir's, wenn du so klug bist? Weißt du, wer ihr das Maß gesetzt hat oder wer über sie die Richtschnur gezogen hat? Worauf sind ihre Torpfosten eingesenkt, und wer hat ihr damals den Eckstein gegeben, als es nötig war? Ich habe ihr meinen treuen Knecht Yeboah geschickt, als es Zeit war, und ich habe ihn wieder abgezogen, als ich es für nötig befand. Alles hat seine Zeit: Kress hatte seine Zeit, Lutz hatte seine Zeit, Grabowski hatte seine Zeit, Hölzenbein hatte seine Zeit (er hat sie noch) und Yeboah hatte seine Zeit. Und auch Bindewald hat seine Zeit. Und Vialli hat kein Tor geschossen! Dank Bindewald! Der Hackentrick, war er nicht zum Zungenschnalzen? Und das folgende Tor durch Marocchi hatten andere zu verantworten! Du bist's! sagte ich zu meinem Knecht Manfred, und mein Knecht Manfred antwortete: Ich, Binz!

Auch sollst du, du kleiner Klingelschmitt, in Zukunft leiser läuten, wenn du von diesem göttlichen Spiel keine Ahnung hast. Bindewalds angebliche Flatterpässe sind außerdem noch lange kein Grund, es ihm im Satzbau nachzutun.

Und überhaupt, Okocha. Er spielte, wie jeder sehen konnte, auf der von ihm nicht sonderlich geliebten Stürmerposition neben Furtok! Ausgerechnet er soll, wie mein Knecht Weber, den Ball nach vorne getrieben haben? Und die Abwehr der Eintracht: Weber, Zchadadse und manchmal sogar Bindewald sollen im Abwehrzentrum richtig gestanden haben, „wodurch Vialli das Nachsehen hatte“? Dir, mein kleiner Klingelschmitt, werde ich das nicht nachsehen! Wo, um meines Namens Willen, hast du gegen Turin meinen Knecht Zchadadse spielen sehen? In Offenbach vielleicht? Nein, er sollte, er durfte an diesem Abend den Rasen nicht betreten! Und, kleiner Klingelschmitt, wann sollen die Tore gefallen sein? In der 36. und in der 72. Minute? Nein, natürlich nicht! Das war schon klug bedacht: Wir ließen mit Absicht das 0:1 in der 37. und deswegen das 1:1 in der 73. (!) fallen. Wir verstehen nach wie vor etwas von Kunst, zu der hin und wieder eine Spiegelachse gehört. So, jetzt weißt du auch, warum der Furtok nicht früher treffen durfte!

[...] Und was soll das mit Heynckes' rotem Gesicht? Weiß du nicht, daß ich schon meinen Knecht Ernst Bloch („Atheismus im Christentum“) weiland zu Willy Brandt sagen ließ: „Auch Schamröte ist eine Röte!“? Überhaupt solltest du dir das mal hinter deine hoffentlich auch roten Löffel schreiben! Und zur Strafe muß du dir sieben Regionalligaspiele der Offenbacher Kickers ansehen! [...] der Herr Gröbel aus Heidelberg

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