: Castro besucht seine Freunde in Paris
Eingeladen von der Unesco, empfangen wie ein Staatsgast / Präsident Mitterrand hält US-Embargo gegen Kuba für „ungerecht und primitiv“ / Kredite und Joint-ventures ■ Aus Paris Dorothea Hahn
Danielle Mitterrand, Präsidentengattin und Wegbereiterin für Fidel Castros ersten Staatsbesuch in Frankreich, ist frei von Zweifeln: „Er hat nichts von einem Diktator“, sagte sie am Sonntag in einem Radiointerview und: „Er hat das Maximum dessen realisiert, was der Sozialismus in Kuba tun konnte.“ Gestern vormittag kam der comandante in seinem üblichen Militäranzug in Paris an – drei Tage wird er bleiben und mit dem Staatspräsidenten, dem Chef des Parlamentes, den Spitzen des Unternehmerverbandes bis hin zu seinem persönlichen Freund, dem „Hühnerkönig“ Gérard Bourgoin, Gespräche über eine engere wirtschaftliche Kooperation führen.
Auch wenn Castro als Gast der Unesco nach Paris kommt, empfängt ihn die französische Regierung wie einen Staatsgast. Vorbereitet hat den Besuch Danielle Mitterrand. Die Vorsitzende des Menschenrechtsvereins „France Liberté“ war in den vergangenen sechs Jahren viermal nach Kuba gereist. Bei ihrem letzten Besuch Mitte Februar brachte sie Castro medizinisches Material im Wert von 12,5 Millionen Franc (circa 3,6 Millionen Mark) mit.
Beinahe gleichzeitig hatte Paris seine Kredite an Kuba von 675 Millionen Franc (ca. 198,5 Millionen Mark) im letzten Jahr um 50 Millionen aufgestockt, um die eigenen Exporte zu fördern. Außerdem waren mehrere französische Industriellengruppen nach Havanna gereist, um über neue Joint- ventures zu verhandeln. Unter anderem werden die Franzosen Bäckereien und eine Brotfabrik eröffnen und sechshundert Wohnungen bauen. Im internationalen Vergleich nehmen sich die französischen Investitionen in Kuba dennoch niedrig aus. An 35 Prozent der kubanischen Joint-ventures ist Spanien, an 20 Prozent Kanada beteiligt. Italien und Frankreich stehen mit 12 Prozent erst an dritter Stelle. Bei seinen jüngsten Besuchen in Europa hat der kubanische Wirtschaftsminister und Architekt des wirtschaftlichen Liberalisierungsprogrammes, Carlos Lage, dringend um weitere Investitionen in seinem Land gebeten.
Für Frankreichs Staatspräsident François Mitterrand ist der Castro- Besuch ein viele Jahre altes, immer wieder verschobenes Projekt. Er versicherte, daß er dabei nicht nur über europäisch-kubanische Wirtschaftsbeziehungen, sondern auch über die Lage der Menschenrechte sprechen werde.
Zweieinhalb Monate vor dem Ende seines 14jährigen Mandats bietet das Treffen zudem Gelegenheit, ein letztes Mal französische Stärke gegenüber den USA zu demonstrieren. Das über 30 Jahre alte US-amerikanische Embargo bezeichnet Mitterrand als „ungerecht und primitiv“.
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