piwik no script img

Keine guten Karten für Kanther

■ Ja des Bundestags zur Aufhebung des Abschiebstopps ohne Konsequenzen

Bonn (AP) – Die Koalitionsmehrheit des Bundestages hat Bundesinnenminister Manfred Kanther Rückendeckung für seine Haltung gegeben, den bundesweiten Abschiebestopp für Kurden aus der Türkei nicht zu verlängern. In namentlicher Abstimmung wandte sich das Parlament am Freitag in Bonn gegen Anträge von SPD und Grünen, die Abschiebungen zumindest so lange auszusetzen, bis die Ergebnisse der Anhörung des Bundestagsinnenausschusses vom vergangenen Mittwoch bewertet wurden.

Gegen die Absicht der SPD- Länder, den Abschiebestopp eigenmächtig zu verlängern, kann Kanther allerdings nichts unternehmen. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums räumte ein, Kanther könne aber an die Länder nur appellieren, zu einer gemeinsamen bundeseinheitlichen Linie zurückzukehren und nicht im Alleingang Abschiebestopps zu beschließen. Eine Sanktionsmöglichkeit habe der Minister, der nach dem Ausländergesetz lediglich „zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit“ eine abgestimmte Haltung aller Länder erreichen soll, jedoch nicht.

Vor dem Parlament hielt auch der SPD-Innenpolitiker Fritz Rudolf Körper Kanther vor, wegen der Zuständigkeit der Länder für Abschiebestopps bis zu sechs Monaten habe er zur Zeit „keine Karten im Spiel“. Dennoch müsse er sich bemühen, mit den Ländern Regelungen zu finden, „die keine Gräben aufreißen“. Auch der FDP-Abgeordnete Burkhard Hirsch beklagte, die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in dieser Frage habe „einen absoluten Tiefstand erreicht“.

Für die Grünen betonte die Abgeordnete Anke Dietert-Scheuer, die türkische Regierung habe bislang systematisch gegen internationale Menschenrechtsvereinbarungen verstoßen. Die PDS-Parlamentarierin Ulla Jelpke warf Kanther vor, er habe die türkische Regierung für die Verlängerung des Ausnahmezustands in den Kurdenregionen der Türkei damit belohnt, daß er den Abschiebestopp nicht verlängert habe.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen