: Veraltete Spitäler
■ Mindestens 100 Millionen sind nötig, um Bremens Krankenhäuser zu modernisieren
Düstere Aussichten für Krankenhäuser wie das St. Jürgen in Bremen: Dort müßte ein Großprojekt gestartet werden. Die zwölf Operationssäle sind nicht mehr auf dem aktuellen Stand. Für die Erneuerung wurden 70 Millionen DM veranschlagt. „Das ist mehr als wir in einem Jahr für alle Krankenhäuser zur Verfügung haben“, sagt Irmgard Gaertner, Senatorin für Gesundheit, Jugend und Soziales. Für langfristige Investitionen wie die Grundsanierung des St.-Jürgen-Krankenhauses (3-4 Mio.) oder das Notstromaggregat für das Bremerhavener Krankenhaus (500.000) steht ebenfalls kein Geld zur Verfügung.
„Um nur annähernd nachzuholen, was immer wieder geschoben worden ist, brauchen wir um die 100 Millionen“, sagt Irmgard Gaertner. Laut Krankenhaus-Investitionsprogramm, in dem auch alle anderen Projekte, die realisiert werden müßten, aufgelistet sind, liegen die Kosten allerdings noch höher: St.-Jürgen bildet mit einem Bedarf von 112,4 Millionen die Spitze, es folgen Bremen-Ost mit 28,5 Millionen und Bremen Nord mit 38,3 Millionen Mark.
Ganz im Gegensatz dazu steht die Politik Bremens. Flossen den Krankenhäusern im Jahr 1991 noch knapp über 80 Millionen DM aus bremischen Haushaltsmitteln zu, so waren es 1993 noch 68 Millionen. Für dieses Jahr sind nur noch 60 Millionen vorgesehen. Größere Projekte können durch die pauschalen finanziellen Mittel nicht abgedeckt werden, dazu wären Gelder aus dem Investitionssonderprogramm (ISP) erforderlich. Doch an diesen Topf ist nicht leicht heranzukommen – zumindest nicht für Schulen, Kindergärten oder Krankenhäuser. „Sie werden als sogenannte ,weiche' Investitionen abqualifiziert und passen damit nicht ins ISP“, klagt Gaertner.
Diese Abqualifizierung will die Senatorin ändern. In dieser Woche präsentierte sie der Öffentlichkeit ein Gutachten zur „wirtschaftlichen Bedeutung des Krankenhaussektors im Lande Bremen“. Hans-Peter Speiser vom Progress-Institut für Wirtschaftsforschung fand heraus, daß der Krankenhaussektor in Bremen mit seinen 14.500 Beschäftigten wirtschaftlich ebenso bedeutend ist wie das Nahrungs- und Genußmittelgewerbe. Die Krankenhäuser sichern Einkommen und Arbeitsplätze.
Das wird sich auch trotz des bevorstehenden Bettenabbaus nicht ändern. In Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Bedeutung des Krankenhaussektors betont Senatorin Irmgard Gaertner die Verpflichtung von Land und Stadtgemeinden zu Investitionen, um eine veraltete Infrastruktur von Krankenhäusern zu modernisieren.
Eine Modernisierung ist vor allem wegen der Bundespflegesatzverordnung vom 1. Januar dringend notwendig. An die Stelle des bislang einheitlichen Pflegesatzes treten vier einander zum Teil ergänzende Pflegesätze. Dazu gehören auch landesweit festzulegende Fallpauschalen. Finanzielle Probleme ergeben sich insbesondere für Krankenhäuser, deren Pflegesätze weit über dem Bundesdurchschnitt liegen. „Die Krankenhäuser müssen umstrukturieren, wirtschaftlicher arbeiten, deswegen müssen rechtzeitig Investitionen getätigt werden“, fordert die Gesundheitssenatorin. S.A.
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