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„Kann das jemand erklären?“

■ Die verständnisvolle Haltung der US-Regierung zur Türkei stößt auf Unverständnis bei den BürgerInnen

Einen Tag nach der Invasion türkischer Truppen im kurdischen Teil Iraks hatte Premierministerin Tansu Çiller nicht nur die ausdrückliche Billigung der USA, sondern auch Rußlands eingeholt. Das russische Außenministerium ließ am Dienstag verlauten, es betrachte den Einmarsch als „interne Angelegenheit der betroffenen Staaten“ – also der Türkei und des Irak. US-Präsident Bill Clinton hatte Çiller bereits am Montag in einem Telefongespräch erklärt, er habe „Verständnis für das Bedürfnis der Türkei, entschieden gegen die PKK vorzugehen“.

In den USA ist die Clinton-Administration nun etwas unter Erklärungsdruck geraten. Denn die Türkei ist nicht nur in irakisches Territorium eingedrungen, sondern fliegt ihre Luftangriffe just in jener UN-Schutzzone, in der seit 1991 irakische Kurden durch US- und alliierte Truppen vor dem irakischen Militär geschützt werden.

„Kann jemand erklären, warum es Kurden gibt, die wir im Irak beschützen, und andererseits Kurden, die die Türkei attackieren darf, ohne daß uns das stört?“ fragte ein Nachrichtenmoderator eine Expertenrunde. Graham Fuller, Mitarbeiter der „Rand Corporation“, eines vom Pentagon mitfinanzierten „Think Tanks“, und ehemaliger Nahost-Spezialist in den Diensten der CIA, wußte eine Antwort: Es gebe eben „gute Kurden“ und „schlechte Kurden“. Die guten haben gegen Saddam Hussein gekämpft; die schlechten gehören zur PKK und bekämpfen die Türkei. Mit der Türkei, die allein in diesem Jahr 365 Millionen Dollar US-Wirtschaftshilfe erhält, versuchen die USA derzeit möglichst konfliktfreie Beziehungen aufrechtzuerhalten. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion hält der Nato-Partner eine strategisch weitaus gewichtigere Position, und die Kontrollflüge zur Überwachung der nordirakischen Schutzzone starten vom türkischen Stützpunkt Incirlik.

Am Dienstag brachte der republikanische Senator Alfonse d' Amato im US-Senat einen Antrag ein, wonach die US-Wirtschaftshilfe für die Türkei im nächsten Haushaltsjahr an Garantien zur Einhaltung der Menschenrechte geknüpft werden solle. Die türkische Regierung, so fordert d'Amato, müsse alle Militäraktionen gegen die 15 Millionen Kurden im Land einstellen und deren Rechte anerkennen. Außerdem verlangt der Republikaner, daß Ankara die Blockade von US- Hilfslieferungen an Armenien aufhebt, sich aus Zypern zurückzieht und die Präsenz von internationalen Menschenrechtsbeobachtern zuläßt. Aussicht auf eine parlamentarische Mehrheit hat die Vorlage nicht – aber immerhin könnte sie eine Debatte über das Demokratie- und Menschenrechtsverständnis des Nato-Partners auslösen. Andrea Böhm, Washington

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