piwik no script img

Nie wieder Kleckse: 50 Jahre Kuli

■ 36.000 Sifte hat ein Bremer Sammler gehortet, die ersten 20 gab seine Tochter

Genf/Bremen – Kaum eine Erfindung hat solche Furore gemacht wie der Kugelschreiber: Jeder kennt ihn, jeder benutzt ihn, er ist in Milliarden Exemplaren verbreitet – vom billigen Plastik-Griffel bis zum goldenen Luxus-Schreibgerät.

Seinen Siegeszug trat der praktische Kugel-Stift vor 50 Jahren an. Im Jahr 1945 wurde er in den USA erstmals in größeren Mengen hergestellt und zum stolzen Preis von 8,50 Dollar mit dem Werbeslogan „Schreibt auch unter Wasser“ auf den Markt geworfen. Bereits in den ersten 24 Stunden, berichtete jüngst das Büro der Genfer Erfindermesse, wurden 10 000 Stück verkauft.

Auf der diesjährigen Erfinderschau, die am 31. März beginnt, wird dieses wichtigen Datums gedacht – und zwar mit einer Austellung, die der Bremer Werbeleiter Hans-Georg Schriever-Abeln zeigt. Er besitzt, wie er erzählt, die vielseitigste Kugelschreiber-Sammlung der Welt. 36 000 Stück sind es inzwischen – der kleinste mißt 3,2 Zentimeter, der größe ist 1,26 Meter lang.

Wem genau die Ehre gebührt, den Kugelschreiber erfunden zu haben, darüber läßt sich streiten. Bereits 1888 hatte der Amerikaner John L. Loud die Idee für einen „Pen“ mit fünf Kugeln, die für den richtigen Strich sorgen sollten. Hergestellt wurde der Schreiber aber nie.

1938 kam dem ungarischen Journalisten Ladislaus Biro ein ähnlicher Gedanke. Seine Tochter berichtete Schriever-Abeln, daß sie eines Tages weinend nach Hause gekommen sei, weil ihre Haarspitzen von Klassenkameraden in ein Tintenfaß gesteckt worden waren. Ihr Vater habe sie mit dem Versprechen getröstet, daß er etwas besseres als die Tintenfeder erfinden werde.

Eine andere Lesart besagt, daß Biro Kinder beim Murmelspiel beobachtete. Eine der Kugeln sei durch schmutziges Wasser gerollt und habe danach auf dem Boden eine Spur hinterlassen. In diesem Moment sei dem Journalisten die Erleuchtung für den Kugelschreiber gekommen.

1940 emigrierte Biro nach Argentinien. Im Juni 1943 ließ er sich - soweit sich feststellen läßt – das erste Patent für einen Kugelschreiber erteilen. Im Jahr darauf wurden in Argentinien die ersten Stifte in kleinen Stückzahlen hergestellt. Biro verkaufte später seine Patente an den französischen Baron Bich – aber offenbar zu früh, denn sonst wäre er wahrscheinlich vielfacher Millionär geworden.

In Genf wird Schriever-Abeln, der seine Schätze bereits in mehreren Austellungen in Deutschland und auch in Argentinien gezeigt hat, 3 500 Kugelschreiber präsentieren. In seiner Sammlung hat er allerhand Kuriositäten: Kugelschreiber mit eingebautem Radio, mit Eieruhr, Thermometer oder Feuerzeug. Stifte, auf denen sich eine Melodie spielen läßt und solche, die einer Blume, Banane, Zahnbürste oder einem Striptease-Girl nachempfunden sind.

Die Sammler-Leidenschaft Schriever-Abelns erwachte bei einem recht alltäglichen Anlaß. Vor 13 Jahren half er seiner damals zehnjährigen Tochter beim Aufräumen ihres Zimmers „und am Ende hatte ich 20 Kugelschreiber in der Hand“.

dpa

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen